Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder ist offenbar Opfer dreister Kunstdiebe geworden. Nach Recherchen des stern wurden aus dem Flur vor den Bundestagsbüros des Altkanzlers drei Kunstwerke gestohlen. Wie die Polizei beim Deutschen Bundestag bestätigt, hat Schröder bereits am Montag Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat die Ermittlungen aufgenommen.
Der Vorfall ist ein weiterer Tiefschlag für den früheren Bundeskanzler. Schröder, ohnehin immer harscher werdender Kritik an seiner engen Verbindung zu Russlands Präsident Wladimir Putin ausgesetzt, droht nach Ansicht mancher Beobachter zum Freiwild zu werden. Bei aller berechtigten Kritik an Schröder stellt sich die Frage, ob die Grenze zu einer Art Hetzjagd auf den Altkanzler mittlerweile überschritten wird.
Aus Angst vor Anfeindungen
Offenbar haben die Nachstellungen nämlich nun auch den bisher geschützten Bereich von Schröders Büros im Bundestag erreicht – und sein engstes Umfeld an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich unseren Recherchen zufolge mittlerweile aus Angst vor Anfeindungen regelmäßig im Büro einschließen. Weit mehr als der materielle Verlust schmerzt den SPD-Mann, so ist aus seinem Umfeld zu erfahren, das Ausmaß an öffentlicher Häme. Gilt der Rechtsstaat noch für Gerhard Schröder? Die Frage will dieser wohl auch durch die demonstrative Anzeige zum Diebstahl der Kunstwerke klären.

Bei den verschwundenen Werken handelt es sich um zwei hölzerne Druckstöcke des Malers und Grafikers Uwe Bremer sowie eine Grafik eines namentlich nicht genannten chinesischen Künstlers. Der Anzeige zufolge seien die Kunstwerke aus dem privaten Besitz des Altkanzlers in der Zeit zwischen vergangenem Freitagabend und Montagmorgen verschwunden.

Sie hingen seit 16 Jahren im öffentlich zugänglichen Bereich vor seinen Büroräumen im Berliner Otto-Wels-Haus. Über den Wert der verschwundenen Gegenstände seien keine Angaben gemacht worden, heißt es aus der Bundestagsverwaltung. Weitere Werke, die sich noch an den Flurwänden befanden, seien inzwischen vorsorglich abgehängt und in Schröders Büro verwahrt worden.

Bei dem Diebstahl handelt es sich nicht um den ersten Vorfall im Umfeld der Büroräume des Altkanzlers. Mitarbeiterinnen beschwerten sich kürzlich über eine anhaltend belastende Arbeitssituation. So hätten Boulevard-Reporter mehrfach unangemeldet die Büros betreten, Fragen gestellt und gefilmt, zudem sei ein Büronamensschild gestohlen worden. Auch die gemeinschaftlich genutzte Teeküche sei kein sicherer Ort mehr. Wiederholt sei dort von Lebensmitteln der Mitarbeiterinnen abgebissen und Hinweisschilder entfernt worden.
Zu den Mobbern scheint auch ein junger SPD-Abgeordneter zu gehören, dessen Büros in unmittelbarer Nachbarschaft liegen. Martin Diedenhofen ist neu im Bundestag und Schröder offenbar in inniger Abneigung verbunden. Kürzlich twitterte der Abgeordnete aus dem rheinland-pfälzischen Neuwied ein Foto aus jener gemeinschaftlich genutzten Teeküche, dazu die Aufforderung: Schröder möge beim Packen für den Auszug die alte Mikrowelle nicht vergessen.
Noch vier Mitarbeiter sind für Gerhard Schröder tätig
In der vergangenen Woche hatte der Haushaltsausschuss des Bundestages auf Antrag der Ampel-Fraktionen Schröders Büros "ruhend gestellt". Laut dem Beschluss soll Schröder seine Ausstattung mit bis zu sechs Mitarbeitern und sieben Büros verlieren, weil er keine "fortwirkenden Verpflichtungen" aus dem früheren Amt mehr wahrnehme. Zuletzt waren noch vier Mitarbeiter für Schröder tätig.
Wegen seiner Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und seiner Tätigkeit für russische Energiekonzerne sieht sich der frühere SPD-Vorsitzende seit Monaten heftiger Kritik ausgesetzt. Der Gazprom-Konzern, für den Schröder bereits seit 2005 tätig ist, hatte am Dienstag bekräftigt, Schröder für den Aufsichtsrat zu nominieren. Er lehnte die Offerte umgehend ab. Auch seine Tätigkeit im Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Rosneft, für den er seit 2017 tätig war, hat Schröder schon in der vergangenen Woche aufgegeben. Es sei ihm unmöglich das Mandat in dem Gremium zu verlängern, sagte er. Genutzt hat ihm dieser Rückzug bisher wenig – wie diese beispiellosen Vorgänge im Deutschen Bundestag unter Beweis stellen.