Als der Formel-1-Pilot Niki Lauda seine Karriere als Rennfahrer beendete, tat er das mit dem Satz, er habe keine Lust mehr ständig im Kreis herumzufahren. Das Dröhnen der Motoren, die Eintönigkeit des Alltags, die ständigen Attacken der Gegner, das buchstäbliche "Sich-im-Kreise-Drehen" - Lauda stellte die Sinnfrage. Dann stellte er fest: Er war es leid. Er zog die Konsequenzen - schon deshalb, weil es sinnvoll ist, ab und an das eigene Leben zu überdenken und neu zu justieren.
Die AfD-Chefin Frauke Petry hat diesen letzten Satz jetzt in einem Interview mit dem "Tagesspiegel" verwendet und auch sonst allerlei Müdigkeit bezüglich ihres täglichen Tuns erkennen lassen. "Weder die Politik noch die AfD sind für mich alternativlos", sagte Petry. Sie ist Polit-Profi genug, um zu wissen, dass sie damit eine Debatte um ihre vermeintlichen Rücktrittsabsichten losgetreten hat, die sie so schnell nicht mehr los wird.
Petry bekommt demnächst ihr fünftes Kind. Und selbst Gemüter, die zu progressiveren Rollenmodellen neigen als, sagen wir, die AfD, werden zugeben, dass das kein Pappenstil ist – die Vereinbarkeit des Jobs einer Hochleistungspolitikerin, zumal im Jahr einer Bundestagswahl, mit dem Alltag einer fünffachen Mutter. Irgendetwas bleibt da unter Garantie auf der Strecke. Man könnte also sagen, der mögliche Rückzug ins Private ist eine Entscheidung, die klaren Prioritäten folgt. Dann endet der Kommentar hier.
Rückzug von Frauke Petry wäre DIE Volte im Bundestagswahljahr
Doch ganz so einfach ist es nicht. Petry hat in besagtem Interview auch erkennen lassen, wie viel Kraft sie die ständigen Angriffe aus der Partei gekostet haben und noch kosten. Ein knappes halbes Jahr vor der Bundestagswahl sind dies auch ernsthafte Hinweise dafür, dass sie sich dem Druck des national-konservativen Flügels nicht mehr gewachsen fühlt. In aktuellen Umfragen ist die AfD derzeit auf dem absteigenden Ast - im stern-RTL-Wahltrend liegt sie nur noch bei 7 Prozent.
Mit deutlich zurückgehenden Flüchtlingszahlen ist das Reizthema Migration aus den Schlagzeilen verschwunden. Der eben noch als so glorios erwartete Einzug in den Bundestag könnte plötzlich wieder auf der Kippe stehen. Womöglich hat Petry all das vor Augen, wenn sie sich das ständige "Sich-im-Kreise-Drehen" in ihrer eigenen Partei nicht mehr zumuten will. Es ist die Sinnfrage, ob man sich politisch in einer Partei noch zu Hause fühlt, die es zunehmend an den rechten Rand drängt.
Dass ein Rückzug Petrys einen weiteren Rechtsruck der AfD bedeuten würde, steht außer Frage. Dass es die Wahlchancen der Rechtspopulisten schmälern würde ebenso. Es wäre DIE Volte im Bundestagswahljahr, wenn ausgerechnet Frauke Petry der AfD den Todeskuss verabreichen würde, weil sie die eigene Partei schon lange nicht mehr für alternativlos hält.
