Am Ende ging alles ganz schnell - und wenig spektakulär. Brigitte Mohnhaupt wusste seit einigen Tagen, dass sie am frühen Sonntagmorgen nach 24 Jahren Haft die Gefängnismauern endgültig hinter sich lassen würde. Zwei Stunden nach Mitternacht war es dann soweit. Justizbedienstete des bayerisch-schwäbischen Frauengefängnisses Aichach holten die frühere RAF-Terroristin aus ihrer Zelle ab. Mohnhaupt wechselte die Kleidung, nahm ihre persönlichen Gegenstände an sich und wurde zum "Tor in die Freiheit" gebracht. Dort warteten bereits Bekannte, die die 57-Jährige in Empfang nahmen. Die Justiz hatte geschickt Regie geführt und für eine reibungslose Entlassung des Häftlings mit dem prominenten Namen gesorgt.
Ganz ohne öffentliche Aufmerksamkeit ging die Aktion dennoch nicht über die Bühne. Fotografen, Kamerateams und Journalisten hatten seit Tagen vor der Justizvollzugsanstalt (JVA) des schwäbischen Städtchens ausgeharrt - selbst in tiefer Nacht. Als sich die Gefängnistür hinter Mohnhaupt schloss, wurde sie gleich zu ihrer Zukunft befragt. Sie gab sich jedoch wortkarg und ließ die Medienvertreter lediglich wissen, dass sie keine Interviews geben und in Ruhe gelassen werden wolle. Dann stieg sie in ein Auto und fuhr davon - Ziel unbekannt.
"Das wäre mir neu"
Zu Berichten, wonach Mohnhaupt künftig in Karlsruhe leben und dort auch arbeiten werde, sagte der Aichacher Gefängnisleiter Wolfgang Deuschl: "Das wäre mir neu." Der Chef der JVA müsste es eigentlich wissen. Unter seiner Regie wurde Mohnhaupt in den vergangenen Monaten auf ihre Freiheit vorbereitet. Der 64-Jährige schwieg jedoch eisern zum neuen Aufenthaltsort des Ex-Häftlings. Medien hatten berichtet, Mohnhaupt könnte in Karlsruhe einen Job bei einem Autozulieferer- Betrieb annehmen, der dem Sohn einer Freundin gehöre. Die einstige RAF-Terroristin und Rädelsführerin bei den Mordanschlägen im Terrorjahr 1977 verbrachte ihre Jugend im Badischen.
Formalien erledigt
Deuschl schilderte seine letzte Begegnung mit Mohnhaupt vor der Entlassung. "Ich habe sie am Freitag persönlich verabschiedet und ihr alles Gute gewünscht." Die Floskel "Auf Wiedersehen" verbiete sich freilich bei der Entlassung eines Häftlings in die Freiheit, erläuterte er. Es sei noch eine Reihe von Formalien zu erledigen gewesen, "vor allem nach so langer Zeit", so Deuschl. "Und sie bekam ihr Geld ausgehändigt."
Nach weiteren eineinhalb Tagen in der JVA Aichach, wo Mohnhaupt 22 von 24 Jahren hinter Gittern verbracht hatte, war am frühen Sonntagmorgen die lange Zeit der Haft vorbei. Zur Stimmungslage befragt, in der sich die einstige Terroristin nach fast zweieinhalb Jahrzehnten im Gefängnis befunden haben dürfte, meinte Deuschl: "Sie wird sich sicherlich ihre Gedanken gemacht haben. Vor allem dürfte sie den dringenden Wunsch haben, jetzt erst einmal von den Medien in Ruhe gelassen zu werden." Deuschl gab auch zu bedenken, "dass der Weg in die Freiheit nach so langer Zeit alles andere als einfach ist".