Haushaltsdebatte Schröder verteidigt Widerstand gegen EU-Sparauflagen

EU-Sparauflagen oder vorgezogene Steuerreform? Bundeskanzler Schröder hat die Entscheidung für die Reformstufe und seinen hart kritisierten Finanzminister Eichel in einer hitzigen Bundestagsdebatte verteidigt.

Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die fortgesetzten Verstöße Deutschlands gegen die Euro-Stabilitätskriterien gerechtfertigt. In der Generaldebatte des Bundestages über den Haushalt 2004 verteidigte er am Mittwoch seinen erfolgreichen Widerstand im Streit um milliardenschwere EU-Sparauflagen. Schröder legte ein Bekenntnis zum europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt ab, dessen Ehrlichkeit von der Opposition bezweifelt wurde.

Die Bundesrepublik wird 2004 das dritte Jahr in Folge die Euro-Vorgaben verfehlen, weshalb die EU-Kommission Deutschland zu einem schärferen Sparkurs zwingen wollte. Dies verhinderten Schröder und Finanzminister Hans Eichel, was ihnen scharfe Kritik von Union und FDP einbrachte. "Sie haben nichts anderes gemacht, als sich ganz systematisch an dem Erbe der Deutschen Mark versündigt", betonte CSU/CSU-Fraktionschefin Angela Merkel. Schröder kontertet: Wenn die Berliner Opposition "mit der Kommission marschieren will", müsse sie sagen, ob sie auf die Steuersenkungen verzichten oder wie sie das Projekt ermöglichen und zugleich die Sparauflagen erfüllen wolle.

Der Pakt sei "interpretationsfähig"

Schröder erklärte: "Wir hätten die Forderungen der EU-Kommission locker erfüllen können, wenn wir darauf verzichtet hätten, die Steuerreformstufe 2005 auf 2004 vorzuziehen." Doch dann wäre der Konjunkturaufschwung in Gefahr geraten. "Ich halte den Pakt nicht für dumm", jedoch "für interpretationsfähig". Notwendig sei eine Balance zwischen Sparen und Wachstumsimpulsen. Eine florierende Wirtschaft sei Voraussetzung für die Sanierung der Staatsfinanzen. Das Parlament verabschiedete am Dienstagabend den Nachtragshaushalt 2003 mit einer Rekordverschuldung von 43,4 Milliarden Euro. Geplant waren 18,9 Milliarden Euro.

Ausdrücklich lobte Schröder seinen Finanzminister Hans Eichel, der am Dienstag im Kreise seiner EU-Kollegen verhindert hatte, dass Deutschland kommendes Jahr sechs Milliarden Euro sparen muss. Das Vorgehen Eichels war im In- und Ausland scharf kritisiert worden. Nach der EU-Entscheidung gegen die Sparauflagen war der Euro-Pakt in die schwerste Krise seines siebenjährigen Bestehens geraten.

Einigkeit und Streit

Merkel griff Schröder scharf an und zeigte klare Grenzen für Kompromisse in den derzeitigen Reformverhandlungen auf. "Nach den Eskapaden in Brüssel" sei das Vorziehen der Steuerreform "nicht einfacher geworden".

Regierung und Opposition waren sich einig, dass Deutschland zu mehr Wachstum und Beschäftigung kommen müsse, stritten jedoch weiter über geeignete Wege. Schröder betonte, Union und FDP beschränkten sich auf Schwarzmalerei. Sie sollten endlich Vorschläge zur Finanzierung der Steuersenkungen und zum Stopfen der Haushaltslöcher machen. "Alles andere ist eine Debatte von Kinkerlitzchen und keine seriöse ökonomische Diskussion."

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Die Opposition wartet auf "einen anständigen Vorschlag"

Merkel erklärte sich zum Konsens bereit. Die Opposition stehe zu ihrer Verantwortung für Deutschland. "Aber es gibt keine Pflicht zum Kompromiss." Eine Einigung sei nur möglich, wenn die Union zentrale Forderungen durchsetze und die Beschlüsse mehr Vorteile als Nachteile brächten. "Das ist unsere Maxime." Es sei Zeit, dass die Regierung "einen anständigen Vorschlag" unterbreite, wie sie die zusätzlichen Steuersenkungen bezahlen wolle.

Trotz des neuen Appells von Schröder verzichtete Merkel weiterhin darauf, eigene Finanzierungsideen zu präsentieren. Sie plädierte für maßvollen Subventionsabbau. Um später eine große Steuerreform zu ermöglichen, dürften die Staatshilfen "nicht wahllos und beliebig" gekürzt werden. Das Konzept der Ministerpräsidenten Roland Koch (Hessen/CDU) und Peer Steinbrück (NRW/SPD) reiche momentan aus. Diese zielen auf Einsparungen von 16 Milliarden Euro in den kommenden drei Jahren ab.