Herrmann Scheer zum Fall Brender SPD soll vor Gericht ziehen

ZDF-Chefredakteur Brender muss gehen, weil es CDU-Ministerpräsident Roland Koch so will. Grüne und Linkspartei wollen nun Klage beim Verfassungsgericht einreichen, um das ZDF der parteipolitischen Kontrolle zu entwinden. Der SPD-Abgeordnete Hermann Scheer fordert von seiner Partei: macht mit!

Herr Scheer, weshalb hat denn nicht auch schon die SPD angekündigt, sich einer Normenkontrollklage anzuschließen?
Innerhalb der Führung von Partei und Fraktion ist noch offen, ob ein Vorstoß gemacht werden soll, um das ZDF vor parteipolitischem Machtmissbrauch zu schützen oder ob das Bundesverfassungsgericht angerufen werden soll.

Was ist Ihre Meinung?
Die ist ganz klar: Die SPD-Bundestagsfraktion sollte unbedingt gemeinsam mit den Grünen und der Linkspartei zum Bundesverfassungsgericht gehen, um so eine Änderung des Staatsvertrages zu erzwingen. Andere Vorstöße, so genannte politische Vorstöße außerhalb dieses Rechtsweges, sind zum Scheitern verurteilt. Denn sie setzen eine Zustimmung der CDU/CSU voraus. Darauf kann man bis in die Steinzeit warten.

Was wäre die Folge, wenn die SPD-Fraktion die Normenkontrollklage nicht mit trägt?
Für eine Normenkontrollklage sind 25 Prozent der Mitglieder des Bundestags erforderlich. Grüne und Linke schaffen dieses Quorum nicht. Zwölf weitere Abgeordnete wären dafür notwendig. Sie müssten aus der FDP oder der SPD kommen. Ich gehe davon aus, dass dieses Dutzend allein schon aus der SPD kommen müsste. Ich werde die Normenkontrollklage auf jeden Fall unterstützen. Aber mein Rat an die SPD-Fraktion ist: Lasst uns dies geschlossen tun.

Warum?
Wir würden sonst als gespaltene Fraktion vorgeführt. Und wir setzten uns dem Vorwurf der beiden anderen Oppositionsparteien und großer Teile der Medien aus, dass die SPD es bei zahnlosen Lippenbekenntnissen belässt und nicht ernsthaft an einer Änderung des Staatsvertrags interessiert ist. Es geht hier um die eigene Glaubwürdigkeit und um nichts weniger als die Frage, das ZDF dem Machtmissbrauch durch die CDU/CSU zu entziehen. Das heißt: Es geht um die Frage, ob das ZDF ein öffentlich-rechtlicher Sender bleibt oder zum Sender des CDU-Ministerpräsidenten Koch wird.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck, ein SPD-Mann, bereitet, wie es heißt, als Alternative zur Normenkontrollklage einen Entwurf zur Änderung des Staatsvertrages vor. Das kann doch nicht sinnlos sein?
Sinnlos wäre das sicher nicht. Eine Änderung der Zusammensetzung der Entscheidungsgremien könnte einseitigen parteipolitischen Einfluss künftig ausschließen und eine größere Beteiligung parteiunabhängiger gesellschaftlicher Organisationen sicherstellen. Aber eine Alternative zu einer Normenkontrollklage ist dieser Entwurf von Beck nicht. Eher im Gegenteil. Er könnte auch eine Orientierung für das Normenkontrollverfahren sein.

Bundestagsabgeordneter Hermann Scheer

Hans-Peter Schütz