Wenn alles gutgeht, hat die hessische SPD vielleicht ein Problem. Sollte sie nämlich aus der kommenden Landtagswahl als Sieger hervorgehen, stellt sich die Koalitionsfrage und es könnten sich gleich zwei potenzielle Partner anbieten, von denen einer nicht gerade als Traumgefährte gilt. Jedenfalls nicht bei den Sozialdemokraten. Die Rede ist natürlich von der Linken, die mit ihrem Spitzengenossen Oskar Lafontaine der SPD die Wähler abjagt.
Nun hält die Linke am Wochenende ihren Landesparteitag in Frankfurt ab und wird dort auch ihren Spitzenkandidaten küren - vom kommissarischen Landesvorstand wurde der ehemalige hessische DGB-Chef Dieter Hooge vorgeschlagen.
Zur Person
Gernot Grumbach ist stellvertretender Landesvorsitzender der SPD und steht dem traditionell linken Bezirksverband Hessen-Süd vor. Er ist umweltpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion und sitzt im Bundesvorstand der SPD
Rein formell betrachtet wäre eine Koalition nicht abwegig. Es gibt große Übereinstimmungen in der Bildungspolitik - sowohl Linke als auch SPD sind für die sofortige Abschaffung von Studiengebühren. In der Energiepolitik setzen beide Parteien auf erneuerbare Energien und sind gegen Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke. Sogar in der Wirtschaftspolitik liegen die Positionen näher zusammen, als man vermuten sollte.
Und trotzdem bleibt es eines der größten Tabu-Themen bei den Sozialdemokraten zwischen Neckar und Weser: Darf man mit der Linken können wollen? Gernot Grumbach ist stellvertretender Landesvorsitzender der SPD und steht dem traditionell linken Bezirksverband Hessen-Süd vor. Er sagt: Die SPD sollte sich weniger mit der Linken als mit dem eigenen Wahlkampf beschäftigen.
Was würde sich in den ersten 100 Tagen sofort ändern, wenn die SPD die Landtagswahl gewänne?
Es gäbe keine Studiengebühren mehr und wir würden ein neues Energiekonzept erarbeiten.
Das sind auch Positionen, die so auch von der Linken explizit vertreten werden.
Diese Positionen haben wir schon lange vorher vertreten.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
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Die Linke wildert in ihrem Gehege und profiliert sich mit klassisch sozialdemokratischer Politik.
Wenn eine Partei aus unseren Papieren zitiert, dann ist das eben so. Wir streben keine abstrakten Koalitionskonstellationen an, sondern konzentrieren uns darauf, dass die SPD bei der nächsten Landtagswahl so stark wie möglich wird.
Franz Müntefering hat dafür plädiert, den Landesverbänden die Wahl ihrer Koalitionspartner offen zu lassen. Freut sie das?
Für uns ist das nichts Neues. Wir in Hessen waren schon immer für diese Freiheit.
Dann wäre ja auch die Linke ein möglicher Koalitionspartner für die SPD.
Das sind Debatten, die vor allem von kleineren Parteien geführt werden.
Welchen Grund hätten die Hessen bei allem wirtschaftlichen Erfolg überhaupt, für einen Wechsel zu stimmen?
Hessen zehrt immer noch von der Vergangenheit, und zwar von den Zeiten vor Roland Koch. Damals wurden die Grundlagen für den heutigen wirtschaftlichen Erfolg gelegt: Mit einem Bildungssystem, das den Schülern vernünftige Abschlüsse ermöglicht und mit einer Hochschullandschaft, die Innovationen ermöglicht.
Dabei ist doch gerade die Bildungspolitik momentan ein Hauptangriffspunkt der hessischen SPD. Was hat Roland Koch anders gemacht als Hans Eichel?
Die Veränderungen unter Roland Koch haben bewirkt, dass viele Schüler weniger qualifiziert ins Berufsleben gehen und dass Kinder aus bildungsferneren Schichten schlechtere Chancen haben. Das muss geändert werden.
Wahrscheinlich wird der ehemalige hessische DGB-Vorsitzende Dieter Hooge am Wochenende zum Spitzendkandidaten der Linken in Hessen gewählt. Wie fremd ist ihnen das Gewerkschaftsmilieu geworden?
Wir wissen ja noch nicht, ob er wirklich Spitzenkandidat wird. Darüber hinaus ist das Gesprächsklima zwischen SPD und den Gewerkschaften in Hessen gut.
Gewerkschaften, Energiepolitik, soziale Reformen: Mal ehrlich - wie nahe steht ihnen die Linke wirklich?
Ich weiß nicht, wofür diese Partei in Hessen überhaupt steht.