Ifo-Chef Sinn 30 Prozent weniger Sozialhilfe

Der Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, fordert drastische Kürzungen der Sozialhilfe. Im Gegenzug sollen deren Empfänger mehr als bisher dazuverdienen dürfen.

Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, hat zusätzliche Einschnitte bei den Sozialleistungen angeregt. So sollte aus seiner Sicht der Sozialhilfesatz generell um ein Drittel abgesenkt werden, sagte er der "Passauer Neuen Presse". Zum Ausgleich würde er die Hinzuverdienstmöglichkeiten "sehr viel großzügiger" ausgestalten.

"Bis 400 Euro würde ich den Sozialhilfesatz nicht antasten", sagte er. "Bis 200 Euro würde ich einen Lohnzuschuss von 20 Prozent auf das selbst verdiente Einkommen zahlen, so dass der Einstieg in den Arbeitsmarkt in Gang kommt." Bei den jetzt beschlossenen Hartz-IV-Regelungen seien die Zuverdienstmöglichkeiten unter anderem im Geringverdienerbereich mit 15 Prozent viel zu eingeschränkt, sagte er.

Erfolg für Hartz IV

Generell rechnet Sinn aber mit einem Erfolg der Hartz-IV-Reformen. "Die Leute werden bereit sein, Jobs zu niedrigeren Löhnen anzunehmen und es wird dann auch mehr Jobs geben. Denn Arbeit gibt es in den Köpfen der Arbeitgeber genug, nur ist sie bisher nicht rentabel", sagte er.

Denen, die keine Arbeit finden, möchte Sinn kommunale Jobs anbieten, "die in Höhe der heutigen Sozialhilfe entlohnt sind". Damit seien die Einkommen gesichert. "Nur den Schwarzarbeitern, die keine Zeit für die kommunale Beschäftigung haben, geht es schlechter, aber das ist hinnehmbar, um es höflich auszudrücken", sagte Sinn.

Einschränkung des Kündigungsschutzes

Eine starke Einschränkung des Kündigungsschutzes, wie ihn die CDU anstrebt, bezeichnete Sinn als positiv. Ein vernünftiges Maß an Vertragsfreiheit beim Kündigungsschutz sei das A und O für eine Marktwirtschaft. Dann bliebe es den Arbeitgebern und Arbeitnehmern selbst überlassen, ob sie mit ihrem Betrieb Abfindungen oder Kündigungsschutz vereinbaren.

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte unterdessen davor, die Ein-Euro-Jobs in Misskredit zu bringen. Es gehe um eine gemeinnützige Tätigkeit als Gegenleistung für das Arbeitslosengeld II, sagte Hundt der Chemnitzer "Freien Presse". Derartige Leistungen seien nicht minderwertig. Auch handele es sich nicht um Lohn, sondern um eine Aufwandsentschädigung.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Hartz-IV-Debatte einstellen

Entschieden wandte sich Hundt gegen die Auffassung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Langzeitarbeitslose könnten den angebotenen Ein-Euro-Job auch ablehnen. Eine derartige Beschäftigung sei vielmehr eine Verpflichtung gegenüber der Solidargemeinschaft.

Nachdrücklich forderte der Arbeitgeberchef, die öffentliche Debatte über Hartz IV einzustellen und die Reformgesetze unverändert durchzusetzen. Erst wenn Erfahrungen mit der Umsetzung vorlägen, könnten Schlussfolgerungen gezogen werden und weiter diskutiert werden.

AP
AP