CDU und Grüne (GAL) in Hamburg haben sich grundsätzlich auf einen Koalitionsvertrag für ein erstes schwarz- grünes Regierungsbündnis auf Länderebene geeinigt. "Wir haben nichts mehr, was noch in großer Runde geklärt werden müsste", sagte die GAL- Innenexpertin Antje Möller im Anschluss an die zwölfte Verhandlungsrunde von CDU und Grünen. Die Parteien hätten alles abgearbeitet, "was wir wollten". Über Inhalte äußerte sich Möller nicht. Diese würden am Donnerstag auf einer Pressekonferenz im Rathaus präsentiert. Das letzte Wort über Schwarz-Grün haben die Parteien selbst. Die Grünen entscheiden am 27. April auf einer Mitgliederversammlung, die CDU am 28. April auf einem Parteitag.
Noch vor Beginn der Verhandlungen am Vormittag hatte es geheißen, die strittigen Themen Steinkohlekraftwerk Moorburg und Elbvertiefung seien nach wie vor nicht geklärt. "Es ist noch nichts vom Tisch", sagte GAL-Vize Jens Kerstan. "Wir sind uns nicht einig. Da gibt es keine Steigerung." Der GAL-Abgeordnete Till Steffen widersprach Berichten, wonach es beim Thema Elbvertiefung einen Durchbruch gegeben habe: "Das stimmt nicht." Senatskanzleichef Volkmar Schön sagte, es sei noch nicht alles unter Dach und Fach. Er sei aber zuversichtlich.
Die wichtigsten Knackpunkte der Verhandlungen
STEINKOHLEKRAFTWERK HAMBURG-MOORBURG: Die Grünen wollten das Kraftwerk, dessen Bau schon begonnen wurde, unbedingt stoppen. Sie wissen dabei Umweltverbände hinter sich. Auch bei der CDU ist das Kraftwerk "politisch so nicht gewollt", wie Stadtentwicklungssenator Axel Gedaschko (CDU) in der Vergangenheit erklärt hat. Allerdings bestehen Verträge zwischen dem CDU-Senat und Vattenfall. Der Energiekonzern hat angekündigt, ein Aus für die geplanten beiden Kraftwerksblöcke nicht hinnehmen zu wollen und hat eine Untätigkeitsklage gegen die Stadt Hamburg eingereicht. Das insgesamt rund zwei Milliarden Euro teure Kraftwerk soll von 2012 an 1640 Megawatt Strom und bis zu 650 Megawatt Fernwärme produzieren - bei einem Jahresausstoß von mehr als acht Millionen Tonnen Kohlendioxid.
ELBVERTIEFUNG: Für Bürgermeister Ole von Beust (CDU) war die Elbvertiefung von Beginn an nicht verhandelbar. Die Grünen dagegen lehnten im Einklang mit Umweltverbänden eine neuerliche Elbvertiefung ab. Das Ausbaggern der Elbe ist nötig, damit auch große Containerschiffe mit einem Tiefgang von 14,50 Metern einfacher den Hafen ansteuern können.
BILDUNG: Hier standen sich zunächst zwei Modelle diametral gegenüber. Die CDU favorisierte ein Zwei-Säulen-Modell aus Stadtteilschulen und Gymnasien. Beide Schulformen sollen zum Abitur führen, die eine nach 13, die andere schon nach 12 Jahren. Haupt- und Realschulen werden abgeschafft. Die Grünen möchten dagegen durchsetzen, dass alle Kinder bis zur 9. Klasse gemeinsam lernen - und danach mit einem mittleren Schulabschluss in der Tasche entscheiden, ob sie das Abitur oder eine Ausbildung machen wollen. Mittlerweile scheint klar, dass alle Kinder gemeinsam bis zur 6. Klasse die Schule besuchen sollen sowie ein Jahr lang eine Vorschule.
Die Grünen wollen Kraftwerk verhindern
Die Verhandlungsführer von CDU und GAL, Bürgermeister Ole von Beust (CDU), CDU-Chef Michael Freytag, die Grünen-Vorsitzende Anja Hajduk und die GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch, berieten zunächst mehrere Stunden im kleinen Kreis, ehe die große Runde aus 16 Politikern, Mitarbeitern und Referenten mit rund zweistündiger Verspätung startete. Im Anschluss an die Gespräche sagte Möller, nun seien nur noch Feinabstimmungen nötig. Bürgermeister Beust wollte sich nicht äußern. Er verwies lediglich auf die Pressekonferenz am Donnerstag.
Inhaltlich lagen CDU und Grüne vor allem bei den Themen Schule, Elbvertiefung und Kohlekraftwerk Moorburg weit auseinander. Die Grünen wollen den Bau des 1640-Megawatt-Kraftwerks an der Elbe im Süden der Stadt aus Klimaschutzgründen unbedingt verhindern. Aus der Partei kamen bereits klare Signale an Goetsch und Hajduk, dass die Basis dem Vertrag nicht zustimmen werde, sollte der "Baustopp" nicht gelingen. Die CDU wiederum wollte unbedingt die von der GAL abgelehnte Elbvertiefung durchsetzen, was ihr Spekulationen zufolge aber nur bei einem Aus für das Kohlekraftwerk gelungen sein dürfte.
Mehrheit würde Schwarz-Grün begrüßen
Unterdessen wurde bekannt, dass neben Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) und Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) auch die Sozialsenatorin und zweite Bürgermeisterin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) dem neuen Senat nicht mehr angehören wird. Ihre Amtszeit ende am 7. Mai, sagte Schnieber-Jastram. Spekulationen zufolge scheidet wohl auch Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig aus. Im Falle einer schwarz-grünen Koalition gilt als sicher, dass Goetsch und Hajduk als Senatorinnen in das Kabinett einziehen werden.
CDU und Grüne hatten während der Mitte März begonnenen Verhandlungen stets das gute Klima in den Gesprächen betont. Inhaltlich drang jedoch nur wenig nach draußen. Vor allem beim ebenfalls umstrittenen Thema Schule blieben die Verhandler vage. Laut nur indirekt bestätigten Medienberichten sollen 2010 die vierjährigen Grundschulen abgeschafft und durch sechsjährige Primarschulen ersetzt werden. Daneben sind nur Gymnasien und Stadtteilschulen vorgesehen. Laut einer Forsa-Umfrage von stern und des Fernsehsenders RTL würden 49 Prozent der Deutschen eine schwarz-grüne Koalition in Hamburg begrüßen. Nur bei 28 Prozent stößt dies auf Ablehnung.