Wie lang diese Nacht wohl dauert? Die Kaffeevorräte im Kanzleramt werden jedenfalls leiden, wenn sich die Spitzenpolitiker von Union und SPD heute Abend zum Koalitionsausschuss treffen. Eines steht fest: Die Liste der noch offenen Fragen ist lang. Und es besteht dringender Klärungsbedarf.
Das wichtigste Koalitionsgremium tagt zum ersten Mal seit der Nominierung von Gesine Schwan als SPD-Präsidentschaftskandidatin. Viel Ärger hat sich aufgestaut. Und die nächste Bundestagswahl rückt immer näher. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer bezeichnete das Treffen als "Krisengipfel", die SPD sei kein glaubwürdiger Partner mehr. SPD-Fraktionschef Peter Struck keilte zurück, die CSU würde eher Wahlkampf als Sachpolitik betreiben. Die Stimmung ist also angespannt. Der Ausschuss muss klären, welche Projekte die Große Koalition bis zur nächsten Bundestagswahl noch umgesetzen kann.
stern.de beschreibt, worum es geht - und worüber sich Union und SPD streiten.
Sollen Familien weiter entlastet werden? Wenn ja, wie?
Bereits 2009 sollen Familien in den Genuss weiterer finanzieller Entlastungen kommen. Darüber sind sich Union und SPD einig. Wie das geschehen soll, ist bisher strittig. Die CDU/CSU wollen pauschal das Kindergeld und den Kinderfreibetrag für alle erhöhen. Die SPD hingegen will, dass die Zuschüsse stärker zugunsten unterer Einkommensklassen austariert werden.
Wie geht es weiter mit dem Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr?
Der Ausschuss berät über die Frage, ob das deutsche Truppenkontingent am Hindukusch um 1000 Soldaten aufgestockt werden soll - dann würden künftig insgesamt 4500 deutsche Soldaten eingesetzt werden. Außerdem geht es um das Verfahren, wie der Bundestag über den Afghanistan-Einsatz abstimmen soll: Bislang wurde im Paket über das internationale ISAF-Mandat und den US-geführten Anti-Terror-Kampf OEF abgestimmt. Kritiker verlangen eine getrennte Abstimmung.
Werden Managergehälter bald begrenzt?
Die SPD ist dafür, die steuerliche Absetzbarkeit von Managergehältern und Abfindungen zu begrenzen. Teile der Unions-Fraktion sympathisieren mit diesem Vorschlag - die Spitzen von CDU und CSU sind jedoch dagegen.
Wer nimmt künftig die Kfz-Steuer ein?
Die Länder wollen die Kfz-Steuer an den Bund abgeben und dafür einen Ausgleich erhalten. Ein Steuertausch ist eine Voraussetzung für die geplante Umstellung der Kfz-Steuer auf den Schadstoffausstoß. Die Länder sind bereit, "wenn sie eine verfassungsrechtlich abgesicherte, vollständige und dauerhafte Kompensation" auf Grundlage des derzeitigen Kfz-Steueraufkommens von 8,9 Milliarden Euro bekommen. Das Bundesfinanzministerium steht diesem Vorschlag offen gegenüber - verausgesetzt der Bund zahlt nicht drauf.
Kommt die Reform der Erbschaftsteuer?
Experten von Union und SPD haben sich weitgehend auf Korrekturen am bisherigen Gesetzentwurf verständigt. Strittig ist aber die Ausgestaltung der Steuerbefreiung von Firmenerben. Die CSU pocht auf Nachbesserungen. Eine Grundsatzeinigung noch vor den Landtagswahlen in Bayern im September gilt als schwierig.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
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Soll der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung erneut gesenkt werden?
Im Grundsatz sind sich die Koalitionspartner einig. Nachdem der Beitragssatz bereits zum Januar von 4,2 auf 3,3 Prozent gesenkt worden war, wollen beide Parteien eine weitere Senkung. Diskutiert wird derzeit, den Satz auf 3,0 Prozent zu senken.
Gibt es bald für noch mehr Branchen Mindestlöhne?
Union und SPD sind uneins über die Neufassung des Entsende- und des Mindestarbeitsbedingungen-Gesetzes, mit denen Lohnuntergrenzen in weiteren Branchen eingeführt werden sollen. Acht Branchen haben beantragt, per Entsendegesetz einen Mindestlohn einzuführen. Die Union lehnt dies vor allem für die Zeitarbeit ab.
Hintergrund: Was ist der Koalitionsausschuss?
Der Ausschuss ist das wichtigste gemeinsame Koordinationsgremium der Großen Koalition von SPD, CDU und CSU, quasi der Maschinenraum im Gefüge der Regierung Merkel. Spitzenpolitiker beider Parteien treffen sich in regelmäßigen Abständen, um über wichtige politische Projekte zu beraten. Eventuell vorhandene Konflikte können hier geklärt werden. Die Entscheidungen haben zwar keine Gesetzeskraft. Doch in der Regel werden die getroffenen Beschlüsse im Bundestag von den Abgeordneten der SPD und der Union auch umgesetzt. Dem Gremium gehören auf Unionsseite Bundeskanzlerin Angela Merkel, Kanzleramtsminister Thomas de Maizière, CDU-Fraktionschef Volker Kauder, CSU-Chef Erwin Huber und CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer an. Die SPD ist durch Parteichef Kurt Beck, Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier, Fraktionschef Peter Struck und Finanzminister Peer Steinbrück vertreten. An diesem Mittwoch nehmen zusätzlich noch Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) teil.