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Radikale Abtreibungsgegner "Abtreiben macht frei": Plakat sorgt für Entsetzen – nun ermittelt die Polizei

"Abtreiben macht frei" – mit diesem geschmacklosen Plakat werben Abtreibungsgegner in der Kölner Innenstadt
"Abtreiben macht frei" – mit diesem geschmacklosen Plakat werben Abtreibungsgegner in der Kölner Innenstadt
© Rheinisches antifaschistisches Bündnis gegen Antisemitismus
Ein an KZ-Schilder angelehntes Werbeplakat von extremen Abtreibungsgegnern sorgt gerade für Empörung. Mittlerweile beschäftigt sich auch die Kölner Polizei mit der geschmacklosen Schaufenster-"Dekoration".

Darf man ungeborene Babys abtreiben oder nicht? Und wenn ja, bis zu welchem Zeitpunkt? Nur wenige Fragen werden in Deutschland so kontrovers und emotional diskutiert wie diese. Ähnlich wie beim Thema der aktiven Sterbehilfe steht die Frage im Mittelpunkt, ob ein Mensch über Leben und Tod eines anderen Menschen entscheiden darf. Die Meinungen gehen dabei weit auseinander. Doch nun sorgen extreme Abtreibungsgegner mit einem geschmacklosen Werbeplakat sowohl bei Befürwortern als auch Gegnern für Empörung und Kopfschütteln. Und sogar die Justiz ist mittlerweile involviert.

"Abtreiben macht frei" statt "Arbeit macht frei"

Im Schaufenster einer Kölner Buchhandlung hängt ein großes Plakat, das die gesamte Fensterfront bedeckt. Auf dem Plakat steht geschrieben: "Kindermord.org" und "Abtreiben macht frei". Das "Abtreiben macht frei" ist unverkennbar an das eiserne Eingangsschild des Vernichtungslagers Auschwitz, auf dem "Arbeit macht frei" stand, angelehnt. Statt KZ-Gebäuden ist im Hintergrund der Wiesbadener Südfriedhof abgebildet.Das "Rheinische antifaschistische Bündnis gegen Antisemitismus" hat ein Foto der provokanten Schaufenster-"Dekoration" auf Facebook veröffentlicht und bezeichneten die Aktion dort als "Holocaustrelativierung". "Insgesamt sehen wir eine Verstärkung des deutschen Antisemitismus. Dass Holocaust-Relativierungen von radikalen Tierschützern oder radikalen Abtreibungsgegnern angewandt werden, ist dagegen nichts Neues. Das gibt es schon lange", erklärt ein Vertreter des "Rheinischen antifaschistischen Bündnis gegen Antisemitismus" auf stern-Anfrage. Man selbst wolle primär Öffentlichkeit für Antisemitismus herstellen. Angezeigt habe man den Vorfall daher selbst nicht. Doch mittlerweile beschäftigt sich auch die Justiz mit dem Fall und prüft, ob strafbare Handlungen vorliegen. Die "Recherche-& Informationsstelle Antisemitismus" (RIAS) hatte die Polizei zuvor mit einem Tweet auf das Plakat in der Kölner Buchhandlung aufmerksam gemacht.

"Mehrere hunderttausend Kinder vor der Geburt ermordet"

Ein Blick auf die Homepage "Kindermord.org" offenbart die Gedankenwelt der extremen Abtreibungsgegner. Auch oben auf der Webseite befindet sich die umstrittene Fotomontage. Darunter stehen Aussagen wie: "Die Mahn- und Gedenkstätte für die im Mutterleib ermordeten Kinder Deutschlands hat sich zum Ziel gesetzt, die Verdrängung des größten noch andauernden Verbrechens der deutschen Geschichte endgültig zu beenden. Die Täter ließen bereits schätzungsweise mehrere hunderttausend Kinder, die sie vor der Geburt ermordet haben, im „Sternengarten“ auf dem Südfriedhof in Wiesbaden heimlich verscharren." Wohl deshalb ist auf der umstrittenen Schaufensterwerbung der Wiesbadener Südfriedhof abgebildet. Weiter unten auf der Webseite wird intensiv gegen Abtreibungsärzte und Politiker, die Abtreibungen befürworten, gewettert.

Nicht die erste Provokation der Abtreibungsgegner

Doch das geschmacklose Werbemotiv tritt in Köln nicht zum ersten Mal in Erscheinung. Bereits im Juni sorgte die drastische Werbung für Aufsehen. Ein AfD-Abgeordneter wurde im Bundestag gefilmt, als er einen Flyer mit demselben Motiv in der Hand hielt. Die Flyer, die an zahlreiche Bundestagsabgeordnete verschickt wurden, sollen von der erzkonservativen "Deutsche Zentrumspartei" stammen. Aufmerksame Betrachter entdeckten den "Abtreiben macht frei"-Flyer auf TV-Bildern des Senders "Phoenix".

stern-Anfragen an den Betreiber von "Kindermord.org" sowie an den Kölner Buchladen blieben bislang unbeantwortet.

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