Guido Westerwelle gefällt sich seit dem jüngsten FDP-Parteitag darin, sich als die "Freiheitsstatue" der Republik darzustellen. Ein Schatten fiel allerdings auf die glänzende Selbstdarstellung des FDP-Vorsitzenden durch den süffisanten Kommentar seines Parteifreunde Wolfgang Kubicki. Der rief ihm in aller Öffentlichkeit zu, die Freiheitsstatue stehe erstens ziemlich allein im Atlantik vor New York. Zweitens sei sie auch hohl im Kopf.
"Nur von der Tranfunzel beleuchtet"
"Gut gezielt! Glänzend getroffen!", möchte man Kubicki zurufen. Die Selbstüberhöhung Westerwelles zur Lichtgestalt der Opposition kollidiert heftig mit den Fakten der FDP auf der Oppositionsbank. Die FDP in ihrem derzeitigen Zustand hat allenfalls Tranfunzel-Qualität. Sie weiß selten etwas zu sagen, was den Medien Erwähnung wert ist. Ihr Generalsekretär Dirk Niebel gibt sich längst mit der Rolle als Lautsprecher des FDP-Chefs zufrieden. Neue programmatische Gedanken? Ihm unbekannt. Markanter Widerspruch gegen das enge Netz zur Kontrolle der Bürger, mit dem Innenminister Wolfgang Schäuble die Republik überziehen will? Nicht zu hören. Selbst die mitregierende SPD traut sich da mehr.
Ausgerechnet diese blutleeren Liberalen wollen sich als Vorkämpfer gegen staatliche Bevormundung und Abbau der Freiheitsrechte, als Rufer nach gleichen Chancen und Pflichten für alle empfehlen. Es sei nur einmal daran erinnert, welche heroischen Kampf die Westerwelles zur Erhaltung der wirtschaftlichen Schutzzäune etwa für Apotheker führen. Der spricht allen ihren marktwirtschaftlichen Lippenbekenntnissen Hohn. Und unverzüglich gerät jeder Liberale in Verdrückung, befragt man ihn, wo denn etwa sein lauter Ruf danach sei, die Rente 67 für normale Arbeitnehmer nun auch unverzüglich auf beamtete Staatsdiener auszudehnen.
Der Wählermarkt ist in Bewegung
Nein, die FDP überzeugt als Oppositionspartei nirgendwo – ganz besonders dort nicht, wo neue politische Antworten erforderlich wären. Sie sind, Westerwelle voran, ausschließlich auf die Rückgewinnung der Macht fixiert. Endlich wieder drankommen, egal wie. Genau hier liegt die tiefere Ursache für Westerwelles Warngeschrei vor einer schwarz-grünen Koalition nach der nächsten Bundestagswahl. Der Wählermarkt der Bundesrepublik ist in Bewegung geraten wie seit Anfang der achtziger Jahre und dem Auftauchen der Grünen nicht mehr. Wie es aussieht, etabliert sich die Linkspartei bald bundesweit. Damit verbunden sein dürften dramatische Veränderungen der Koalitionsmöglichkeiten. Und das beträfe vor allem die Liberalen, die es sich nicht länger in der Gewissheit bequem machen können, dass ohne sie der Union stets nur der lästige Ausweg in einen Große Koalition bleibt.
Ganz neue Bündnisse werden denkbar, die Chancen für neue schwarz-gelbe Bündnisse kleiner. Schon sieht auch die Union auf der Basis der jüngsten Umfragen, dass sie unter Umständen mit den Grünen leichter zu einem mehrheitsfähigen Zweierbündnis kommt als mit den Gelben. Die CDU-FDP-Koalition hat derzeit in Nordrhein-Westfalen keine Mehrheit mehr in den Umfragen. In Hessen muss ein Roland Koch zittern, ob er mit der FDP zusammen Anfang nächsten Jahres an der bleiben darf. Und wenn schon knochenkonservative CDU-Politiker wie der baden-württembergische CDU-Fraktionsboss Stefan Mappus mit einem Lächeln über Schwarz-Grün nachdenken (s. Interview bei stern.de), dann muss ein Westerwelle unverzüglich Rot sehen.
Schwarz-Grün wäre das Aus für Westerwelles Traum
Wenn er überhaupt noch mitkoalieren darf 2009, dann vielleicht als drittes Rädchen am Wagen - und aus wäre es mit seinem Traum vom Posten als Bundesaußenminister, denn der ginge dann an die stärkeren Grünen. Und kommt es gar wirklich zu Schwarz-Grün, weil es eine durchaus erkennbare programmatische Schnittmenge gibt, dann dürfte das auch das politische Aus des Guido Westerwelle sein. So schade wäre es nicht darum - denken auch einige in der FDP. Siehe oben unter K wie Kubicki.