Kommentar Müntefering in Abschiebehaft

  • von Hans Peter Schütz
Nun hätte die SPD endlich die Gelegenheit, sich über eine positive Nachricht zu freuen. Franz Müntefering bald wieder voll zurück im politischen Geschäft. Doch die Genossen werden wohl auch aus diesem Anlass vorführen, wie traurig es um die Geschlossenheit der Sozialdemokraten derzeit bestellt ist.

Natürlich sind die Parteirechten entzückt, denn die so genannten "Seeheimer" und auch die "Netzwerker" in der SPD-Bundestagsfraktion sehen die Ursache der SPD-Krise schon lange im Rücktritt von Müntefering vom Parteivorsitz begründet. Und den wiederum hatte die "Parlametarische Linke" der SPD-Bundestagsfraktion angezettelt. Andrea Nahles kandidierte damals gegen den Kandidaten Münteferings für den Vertrauensposten des SPD-Generalsekretärs - eine Provokation, die sich der damalige SPD-Chef beim besten Willen nicht bieten lassen konnte.

Danach ging es steil bergab mit der SPD, ihrem inneren Frieden und mit ihrem weiteren Spitzenpotential. Auf den Kurzzeitvorsitzenden Platzeck folgte Kurt Beck, im Kabinett räumte Müntefering den Posten des Vizekanzlers. Danach explodierten die inneren Kämpfe in der SPD förmlich, geradezu kuriose Kurswechsel im Umgang mit der politischen Konurrenz der Linkspartei bestimmten das Bild der Partei. Besonders schmerzlich spürbar wurde dabei, dass die Genossen ganz oben an der Spitze keine Figuren mehr haben, deren Autorität unbestritten ist. Ein starker Parteichef hätte anders als Kurt Beck das politische Affentheater um den Raus- oder Nichtrauswurf eines Wolfgang Clement niemals geduldet und rechtzeitig aus der parteiinternen Diskussion entfernt.

Keine Chance auf Spielchen

Doch statt die Rückkehr Franz Münteferings in die volle Parteiarbeit nach dem Tode seiner Frau wertfrei und erfreut zu akzeptieren, startet die Partei schon wieder einen Richtungskampf. Die einen freuen sich, dass der "Münte" jetzt wieder in Berlin voll zur Verfügung steht - für was auch immer. Führende Parteilinke wie der Schleswig-Holsteiner Stegner dagegen treten schon mal heftig auf die Bremse. Am liebsten würden die Linke ihn möglichst schnell in die Friedrich-Ebert-Stiftung abschieben, deren Chef zwar einer "parteinahen" SPD-Stiftung vorsteht, aber sich eben doch vor ganz direkter Einflussnahme auf den Kurs der Partei zurückhalten muss.

Der Hintergrund dieser freundlichen Abschiebeaktion ist klar: Mit einem Müntefering, der wieder voll im politischen Geschäft der SPD stünde, könnte die Parteilinke künftig nicht mehr so ungehemmt ihre Spielchen treiben, wie dies derzeit unter Führung von Frau Nahles stattfinden.

Führungspositionen winken

Müntefering steht unverändert voll zur Agenda 2010 Gerhard Schröders. Was Beck bisher davon wegstreichen ließ, hat seine Zustimmung nie gefunden. Und die Parteilinke denkt ausserdem intensiv daran, auf diesem Weg der Beseitigung der Agenda 2010 weiter zu marschieren. Und dahinter formieren sich längst jene Kandidaten der SPD, die von einer Wahlniederlage im nächsten Jahr ausgehen und dann auch die volle Führung übernehmen wollen.

Nach der Bundestagswahl tritt Peter Struck als Fraktionsvorsitzender zurück, Frank-Walter Steinmeier könnte durch eine Kanzlerkandidatur mit schwachem Ergebnis stark beschschädigt sein. Für diese Zeit sehen Parteilinke wie Nahles und Stegner alle Chancen, die Partei in Richtung Linkspartei zu trimmen, vielleicht mit einem Klaus Wowereit an der Spitze. Die Rückkehr eines politisch voll aktiven Franz Müntefering passt überhaupt nicht in diese Kalkulationen. Ziemlich viele in der SPD sehen sich für diesen Fall in der Planung künftiger Kurskorrekturen in Richtung links behindert.