Die Arznei kommt, nur das Rezept ist noch geheim: Die Konjunkturhilfen der Bundesregierung für die kränkelnde Wirtschaft sollen schnell und gleichzeitig langfristig wirken. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte am Mittwoch "mutige und nachhaltige" Maßnahmen zur Förderung von Investitionen an. Ein breites Konjunkturprogramm sei der falsche Weg, sagte sie auf dem Unternehmertag des Groß- und Außenhandelsverbandes BGA in Berlin. Damit reagierte Merkel auf Forderungen aus den Reihen des Koalitionspartners SPD nach einem 25 Milliarden Euro teuren Programm.
Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sprach auf dem Unternehmertag von "sehr zielgenauen, sehr schnell wirkenden Maßnahmen". Es gehe nicht um Wunschkataloge nach dem Motto: "Oh, jetzt sind alle Schleusentore geöffnet"".
Zur Stabilisierung der schwächelnden Konjunktur will die Bundesregierung unter anderem die Kfz-Steuer ändern. Bei der nächsten Kabinettssitzung am kommenden Mittwoch soll ein Paket mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen verabschiedet werden. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm versprach ein "abgestimmtes, ausgereiftes Konzept".
Bundespräsident Horst Köhler warnte in Wiesbaden vor Kürzungen der Sozialleistungen aufgrund der aktuellen Krise. In der Krise "muss der Sozialstaat funktionieren, und er tut es auch", sagte Köhler. "Wenn nicht, müssen wir darauf aufmerksam machen." Die Krise sei insgesamt "beherrschbar". Man müsse sich aber eventuell "einstellen auf eine Talfahrt, die auch die Realwirtschaft erfasst". Die Verstaatlichung von Schlüsselunternehmen lehnte das Staatsoberhaupt ab. Das Wirtschaftssystem in Deutschland habe nach wie vor eine gute Basis.
Kfz-Steuer auf dem Prüfstand
Zur Umstellung der Kfz-Steuer von der Hubraumgröße zur Besteuerung nach Abgasen sagte Finanzministeriums-Sprecher Thorsten Albig, hier gebe es konkrete Pläne. Er deutete an, dass auch die Bundesländer, die den Plänen zustimmen müssen, in die Überlegungen einbezogen sind. "Es laufen alle Vorbereitungen, um Ihnen in der nächsten Woche ein rundes Paket vorzustellen." Man sei auf gutem Wege für alles, "was gut ist für die Arbeitsplätze".
Nach Wilhelms Angaben sprach die Kanzlerin nach einer Kabinettssitzung mit Steinbrück und Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) über die geplanten Maßnahmen. Neben der Umstellung der Kfz-Steuer plant die Regierung mehr Investitionen bei der Gebäudesanierung und im Verkehr. Ferner sind eine bessere steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen sowie die Wiedereinführung von Steuervorteilen für Firmen bei der Abschreibung von Neuanschaffungen im Gespräch.
Nach den Vorstellungen von CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder sollte die Kfz-Steuer für klimafreundliche Autos ganz abgeschafft werden. "Ich schlage vor, dass der Bund die Kfz-Steuer übernimmt und den Ländern die Ausfälle erstattet. Für Neuwagen, die die CO2-Ziele erfüllen, sollten wir dann auf die Kfz-Steuer verzichten", sagte Kauder der Wochenzeitung "Die Zeit". Er will trotz der Maßnahmen am Ziel der Haushaltskonsolidierung festhalten. "Deshalb sehe ich im Augenblick keinen Spielraum für Steuersenkungen", sagte Kauder. Mittelfristig sei es "aber unser Ziel, die Bürger zu entlasten".

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CDU/CSU-Mittelstand für Verschiebung der Lkw-Maut-Erhöhung
Der CDU/CSU-Mittelstandsverband MIT verlangte sofortige Steuersenkungen. CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich schlug vor, zur Stabilisierung der Konjunktur die geplante Erhöhung der Lkw-Autobahnmaut um ein Jahr zu verschieben.
BGA-Präsident Anton Börner zeigte sich "verhalten optimistisch" über die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft. Er lobte die Bundesregierung für ihre Handlungsfähigkeit in der Krise. Dies betreffe die staatliche Garantie für private Spareinlagen wie das Banken-Rettungspaket. FDP-Vize Rainer Brüderle warf der Bundesregierung vor, mit den geplanten Einzelmaßnahmen und Förderungen bestimmter Produkte führe sie Deutschland nicht aus der Rezession.