Kreditaffäre des Bundespräsidenten Neue Fragen an Christian Wulff

Die alten Fragen sind noch nicht einmal beantwortet, da gibt es schon wieder neue: Laut einem Medienbericht geht es diesmal um einen Urlaubsflug des Bundespräsidenten mit seiner Frau und deren Sohn.

Der Wirbel um Bundespräsident Christian Wulff nimmt kein Ende. Einem Medienbericht zufolge gibt es neue Vorwürfe in der Affäre. Die SPD-Fraktion im niedersächsischen Landtag fordere Aufklärung zu einer Urlaubsreise von Wulff in die USA im April 2007, berichtet die "Bild"-Zeitung. Danach sollen der damalige niedersächsische Ministerpräsident, seine heutige Ehefrau Bettina und deren Sohn während des Fluges von Miami nach Frankfurt ein Upgrade von der Economy-Class in die Business-Class erhalten haben.

Dem Bericht zufolge sind nach Aussage der Lufthansa für ein Upgrade einer dreiköpfigen Reisegruppe je nach Buchungsklasse zwischen 210.000 und 300.000 Bonusmeilen für Hin- und Rückflug erforderlich. Demnach hätte Wulff zum Beispiel 420 Mal mit einem durchschnittlichen Ticket in der Economy-Class privat von Hannover nach München fliegen müssen, um nur 210.000 Bonusmeilen zu sammeln.

"Miles & More"-Programm gibt es erst seit 1993

Wulffs Rechtsanwalt Gernot Lehr habe auf eine "Bild"-Anfrage zu dem Urlaub eine ursprüngliche Antwort später abgeändert, berichtet die Zeitung weiter. Zunächst habe er geantwortet, die Flugtickets seien von Anfang an in der Business-Class gebucht gewesen. Der Aufpreis im Vergleich zur Economy-Class sei durch private Meilen beglichen worden. Später habe Lehr ergänzt, das Meilenkonto bestehe seit Ende der 80er-Jahre. Wulff nutze für alle privaten Ausgaben ausschließlich die Kreditkarte der Lufthansa.

Das "Miles & More"-Programm, mit dem Lufthansakunden Bonusmeilen sammeln, gibt es allerdings erst seit 1993, die Lufthansa-Kreditkarte sogar erst seit 1999.

"Welt" beruft sich aufs Recht am eigenen Wort

Ex-CDU-Generalsekretär Peter Hintze äußerte unterdessen Verständnis dafür, dass Wulff die Medienanfragen an ihn nicht detailliert veröffentlicht. Unter den 400 Fragen seien mehr als 200, die den privatesten Bereich beträfen. Dabei gehe es unter anderem um Wulffs Mutter, seine Ehefrau, seine Schwester und seine Tochter. Mehr als 200 der Fragen seien mit "herabsetzenden, ehrverletzenden, beleidigenden, diffamierenden und Gerüchte stiftenden Sachverhalten" verbunden, sagte Hintze am Donnerstagabend im ZDF.

Allerdings hatte Wulff selbst in der vergangenen Woche in seinem TV-Interview gesagt: "Ich gebe Ihnen gern auf die 400 Fragen 400 Antworten." Man müsse die Transparenz weiter treiben, was auch neue Maßstäbe setze. "Morgen früh werden meine Anwälte alles ins Internet einstellen. Dann kann jede Bürgerin, jeder Bürger, jedes Detail zu den Abläufen sehen (...)."

Wulff steht unter anderem wegen eines Hauskredits von 500.000 Euro der Unternehmergattin Edith Geerkens, fragwürdigen Aussagen vor dem niedersächsischen Landtag, eines günstigen Nachfolgekredits bei der BW-Bank, Gratisurlauben bei Unternehmerfreunden, der versuchten Einflussnahme auf Medienberichte zur Kreditaffäre und der Nicht-Veröffentlichung der Medienfragen dazu seit Wochen in der Kritik. Einige Zeitungen haben den Bundespräsidenten mittlerweile von seiner Schweigepflicht entbunden oder ihren Fragenkatalog an das Staatsoberhaupt und die Antworten selbst veröffentlicht.

"Der Staat wankt nicht"

Nach Ansicht des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel kann Wulff sein Amt nicht mehr unbefangen ausüben. "Christian Wulff wohnt zwar noch im Schloss Bellevue, aber das, was in den letzten 60 Jahren einen Bundespräsidenten ausgemacht hat, repräsentiert er nicht mehr und wird es auch nicht mehr repräsentieren", sagte Gabriel der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Die SPD könne den Bundespräsidenten nicht zum Rückzug bewegen oder gar zwingen, das könnten nur die, die ihn ins Amt gebracht hätten. Das seien Kanzlerin Angela Merkel und ihre Koalition aus CDU und FDP.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!

Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) vertritt dagegen die Ansicht, dass Wulff vor allem sich selbst beschädigt hat. "Der Staat wankt nicht. Auch die Pressefreiheit ist nicht in Gefahr, das Amt ist nicht beschädigt", sagte Baum am Donnerstagabend in Köln in der neuen Gesprächsreihe "frank und frei" im Studio DuMont.

DPA · Reuters
mad/DPA/Reuters