Angst vor dem Berliner Politikbetrieb hat Nicola Beer nicht. Schließlich hat die FDP-Aufsteigerin in der hessischen Politik schon alles Mögliche gemacht - vom Brandschutz und der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung über Europa bis zur Kultusministerin im schwarz-gelben Landeskabinett. Daher könne sie sich ruhig auch aufs Berliner Parkett wagen, gibt sich die 43-Jährige bei ihrem Auftritt in der FDP-Zentrale selbstbewusst.
Weil Beer Generalistin mit breiter Themenpalette sei sowie "gewinnend und durchsetzungsstark", will der gefühlte, aber noch nicht gewählte neue FDP-Chef Christian Lindner sie als künftige Generalsekretärin an seine Seite holen. Zumal die Juristin auch für einen neuen Markenkern der Liberalen steht: ein "ideologiefreies Schulsystem".
Ministeramt in Hessen ist futsch
Schon mit 18 Jahren war Beer bei den Jungliberalen aktiv. Vier Jahre später wurde sie in Frankfurt in den FDP-Kreisvorstand gewählt, seit 2007 ist Beer im Bundesvorstand. Im Mai 2012 wurde sie in Wiesbaden Kultusministerin. Diesen Posten muss sie aber wohl bald wieder räumen: Die FDP, die nur knapp wieder in den Landtag gewählt wurde, wird voraussichtlich nicht mehr der Regierung angehören.
Im schwarz-gelben Kabinett versuchte Beer, den Schulen mehr Selbstständigkeit zu geben. Zudem warb die Mutter von Zwillingen für mehr Ganztagsangebote und die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dem neuen Landtag gehört sie als Abgeordnete an.
"Ich will zeigen: So sind Liberale"
Beer kommt aus Frankfurt, wo sie mit ihrem Lebensgefährten lebt. Nach der Ausbildung zur Bankkauffrau studierte sie Jura. In den Landtag zog die Anwältin 1999 ein. Nach der Wahl 2009 wurde sie Europa-Staatssekretärin und damit Hessens Gesicht in Brüssel. Beer sieht sich als pragmatische und bodenständige Politikerin, die dank ihres Wahlkreises wisse, wo den Menschen der Schuh drückt. "Ich will noch mehr mit den Menschen ins Gespräch kommen, um zu zeigen: So sind Liberale", sagte Beer am Freitag.
Von allen Qualitäten abgesehen braucht FDP-Hoffnungsträger Lindner, dessen Wahl zum neuen Parteichef nur eine Formsache zu sein scheint, aber auch eine Vertraute an seine Seite, um mit den Liberalen die Rückkehr auf die Bundesbühne zu schaffen. Mit dem bisherigen Generalsekretär Patrick Döring verbindet Lindner eine gegenseitige Abneigung. Dieser war ins Amt gekommen, nachdem Lindner den Posten des Generalsekretärs Ende 2011 aus Frust über den Kurs von Parteichef Philipp Rösler hingeschmissen hatte.