Der wohl unbeliebteste Oberbürgermeister Deutschlands muss gut eineinhalb Jahre nach der katastrophalen Duisburger Loveparade seinen Platz räumen. Am Tag nach der Abwahl von Adolf Sauerland feierten viele in Nordrhein-Westfalen einen Sieg der direkten Demokratie. Schrille Töne vermieden die NRW-Landespolitiker beider Lager aber geflissentlich. Und in Duisburg begann noch am Abend des Triumphes der Sauerland-Gegner die Suche nach einem Konsens-Kandidaten für die Nachfolge.
SPD-Landeschefin Hannelore Kraft hielt sich mit Kommentaren zurück. Am Montag wollte sie sich zum Abwahlverfahren und zu den politischen Folgerungen für Duisburg nicht äußern. Auch in den vergangenen Monaten hatte sie nie direkt den Rücktritt Sauerlands gefordert. Die erste Reihe der NRW-CDU wollte die Abwahl Sauerlands ebenfalls nicht kommentieren. CDU-Landeschef Norbert Röttgen ließ lediglich seinen Generalsekretär Oliver Wittke erklären, das "eindrucksvolle" Ergebnis sei "selbstverständlich zu akzeptieren".
In NRW liegen CDU und SPD im Kampf um die Wählergunst eng beieinander. 2010 mündete das Kopf-an-Kopf-Rennen in die Abwahl von Jürgen Rüttgers (CDU) als Ministerpräsident und eine rot-grüne Minderheitsregierung. Bei der Kommunalwahl ein Jahr zuvor hatte die SPD den Christdemokraten die wichtigen OB-Sessel in den NRW-Metropolen Köln und Essen abgeluchst. Mit Sauerland verliert die CDU vorerst ihren letzten Oberbürgermeister im Herzen des wählerstarken Ruhrgebiets.
Hoffnung auf versöhnliche Töne
Ob das Drama von Duisburg die beiden großen Parteien dazu bringt, sich aufeinander zuzubewegen, bleibt abzuwarten. Auf landespolitischer Ebene war eine große Koalition 2010 auch daran gescheitert, dass Kraft und Rüttgers sich nicht einigen konnten, wer von beiden in einer solchen Konstellation Ministerpräsident werden sollte. In Duisburg könnte ein gemeinsamer Weg beginnen, glauben manche Parteimitglieder.
Harte gegenseitige Vorwürfe teils deutlich unter der Gürtellinie hatten den Kommunalwahlkampf in Duisburg geprägt. Gegen Sauerland wurden hinter vorgehaltener Hand frei erfundene Gerüchte über Liebschaften oder einen riesigen US-Geländewagen gestreut - von Mitgliedern des Abwahlbündnisses, glaubt die CDU. Die Duisburger Union attackierte dagegen den Abwahl-Befürworter und Linke-Fraktionschef Hermann Dierkes als "untragbare öffentliche Person", nachdem dieser wegen seiner Palästinenser-Sympathie vom Simon-Wiesenthal-Center auf eine weltweite Antisemitenliste gesetzt worden war.
Solche Gräben bemühten sich beide Lager am Tag nach der Abwahl zuzuschütten. Duisburgs CDU-Kreischef Thomas Mahlberg bot am Morgen die Mitwirkung seiner Partei bei der Suche des Nachfolgekandidaten an. Theo Steegmann vom Abwahlbündnis versprach, dass die Loveparade im künftigen Wahlkampf kein Thema mehr sein werde.
Viel wird von der Akzeptanz des Kandidaten aus dem Abwahl-Lager abhängen: Verwaltungserfahrung, Nervenstärke, politische Kompetenz, über Parteien hinweg geachtet, so lautet das Profil. "Das muss einer sein, der über Wasser gehen und durch Hand-Auflegen heilen kann", wird der mit der Suche beauftragte NRW-Innenminister und Duisburger SPD-Chef Ralf Jäger zitiert.