Der Bundespolitiker Daniel Bahr ist neuer Landesvorsitzender der nordrhein-westfälischen FDP. Auf einem Landesparteitag in Dortmund erhielt der 34 Jahre alte Bundestagsabgeordnete aus Münster am Samstag 83,4 Prozent der Delegiertenstimmen. 331 Delegierte votierten für Bahr. Es gab 50 Nein-Stimmen und 16 Enthaltungen. Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium hatte keinen Gegenkandidaten. Bahr ist damit Nachfolger von Andreas Pinkwart, der den Landesvorsitz nach acht Jahren abgegeben hatte, weil er 2011 zurück in die Wissenschaft wechselt.
Auf dem Sonderparteitag wurde der FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff mit knapp 86 Prozent zum neuen Schatzmeister gewählt. Der bisherige Schatzmeister Christoph Dammermann trat nicht wieder an. Im Amt bestätigt wurde NRW-FDP-Generalsekretär Joachim Stamp mit 85,2 Prozent.
Bahr sieht ernste Lage der FDP
In seiner Rede räumte Bahr eine schwierige Situation der Liberalen ein: "Die Lage der FDP ist ernst." Aus Furcht vor der Landtagswahl in NRW habe Schwarz-Gelb in Berlin zu spät mit der Reformarbeit begonnen. Nun müsse die FDP Antreiber in der Bundesregierung sein. Der rot-grünen Minderheitsregierung in Düsseldorf warf Bahr eine unverantwortliche Verschuldungspolitik vor. Nicht Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), sondern die Grünen bestimmten die Richtlinien der Politik.
Bahr kündigte an, die Eigenständigkeit der FDP betonen zu wollen. In NRW gebe es in der Opposition keine Koalition mit dem früheren Regierungspartner CDU. Die Liberalen seien in der Vergangenheit in "Mithaftung" genommen worden etwa für schulpolitische Versäumnisse der CDU. Neben Bahr wird auch die zweite Oppositionspartei im bevölkerungsreichsten Bundesland von einem Bundespolitiker geführt. Bundesumweltminister Norbert Röttgen war Anfang November als Nachfolger von Jürgen Rüttgers zum neuen Landeschef der NRW-Christdemokraten gewählt worden.
Der bisherige FDP-Landeschef Pinkwart rief die Liberalen angesichts des Umfragetiefs zur Selbstkritik auf. "Wir müssen uns fragen, was wir besser machen können und müssen", sagte Pinkwart. Die FDP solle sich nicht "auf einen Bindestrich-Liberalismus" verkürzen lassen. Neben Wirtschaft und Finanzen gehörten auch die Bürgerrechte, die Bildung, eine moderne Sozialpolitik und die Integration zum Politikangebot der Freidemokraten: "Wir dürfen es nicht zulassen, dass wir uns selber kleiner machen als wir sind". FDP-Bundesvize Pinkwart scheidet vollständig aus der Politik aus, um im April 2011 die Leitung der Handelshochschule Leipzig zu übernehmen.
Liberale Attacken gegen Grüne
FDP-Parteichef Guido Westerwelle forderte die Delegierten auf, angesichts des Wirtschaftsaufschwungs selbstbewusst die Berliner Regierungspolitik zu verteidigen. Vor allem in der Auseinandersetzung um Großprojekte wie "Stuttgart 21" stehe die FDP für eine "Dafür-Republik", während die Grünen immer dagegen seien. FDP-Generalsekretär Christian Lindner bezeichnete die Grünen in der Aussprache als "grün lackierte Linkspartei".

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Die NRW-FDP war bei der Landtagswahl am 9. Mai nicht als Regierungspartei bestätigt worden. Schwarz-Gelb verlor die Mehrheit im bevölkerungsreichsten Bundesland. Gespräche über die Bildung einer Ampelkoalition zwischen SPD, FDP und Grünen scheiterten.