Die Bundesregierung hat die deutsche Beteiligung in Höhe von mindestens 123 Milliarden Euro am Euro-Rettungsschirm auf den Weg gebracht. Das Kabinett beschloss am Dienstag den "Gesetzentwurf zur Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus". Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen.
Am Nachmittag wollten die Fraktionen über den Rettungsschirm beraten. Die SPD machte ihre Zustimmung unter anderem von der Zusicherung der Bundesregierung abhängig, eine Finanzmarkt-Transaktionssteuer mindestens zu prüfen, wie ihr parlamentarischer Geschäftsführer Thomas Oppermann im ARD-Morgenmagazin sagte. Diese Prüfung ist bereits im Schlussdokument der EU-Finanzministerrunde aus der Nacht zum Montag enthalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte zu, in Brüssel auf schnelle Maßnahmen gegen weitere Krisen zu dringen.
Die Zustimmung der SPD zum Griechenland-Rettungspaket am Freitag war noch am Nein der Regierungskoalition zur Prüfung der Steuer gescheitert. Vor allem die FDP hatte die Steuer abgelehnt und sogar indirekt mit dem Bruch der Koalition gedroht, wenn sich CDU und CSU über ihre Bedenken hinwegsetzen sollten.
Oppermann kritisierte: "Nach der Lehman-Pleite, nach der Griechenland-Krise stehen wir jetzt zum dritten Mal vor der Entscheidung, Milliardenpakete zu bewilligen, die am Ende wahrscheinlich der Steuerzahler bezahlen muss." Noch immer könnten aber Hedgefonds, Banken und Spekulanten ungehindert auf den Finanz- und Devisenmärkten agieren. Die SPD forderte, ebenso wie die Linken-Wirtschaftssprecherin Sarah Wagenknecht, überdies ein Verbot von Kreditausfallversicherungen und eine Beteiligung der Banken an der Rettung.
Die Union rief die Opposition im Bundestag zur Unterstützung des Euro-Rettungsschirms auf. Eine noch breitere Mehrheit als bei der Griechenland-Hilfe sei wünschenswert, sagte Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier. Derzeit spreche vieles dafür, dass das Verfahren in der nächsten Woche im Bundestag zum Abschluss gebracht werde. Der Bundesrat könnte dann am 4. Juni beschließen.
Am Wochenende hatte sich die Europäische Union zur Stützung des Euro auf neue Garantien und Kredite im Gesamtumfang von 750 Milliarden Euro verständigt. Davon kommen 60 Milliarden Euro aus dem EU-Notfallfonds. Für 440 Milliarden Euro sollen die EU-Mitgliedstaaten bürgen, Deutschland allein für 123 Milliarden Euro plus einem Puffer von rund 20 Prozent. Weitere bis zu 250 Milliarden Euro kommen vom Internationalen Währungsfonds (IWF).
Der Wirtschaftsweise Christoph Schmidt hat das Rettungspaket für den Euro kritisiert. Der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) sagte der "Bild"-Zeitung: "So haben wir die europäische Wirtschaftsunion wirklich nicht haben wollen. Es passiert das Gegenteil von dem, was wir Deutschen uns damals unter stabiler Währungspolitik und einer unabhängigen Notenbank vorgestellt haben." Die europäischen Regierungen hätten sich mit dem Euro-Fonds lediglich Zeit gekauft. Es fehle eine Festlegung auf klare Bedingungen, etwa für die Senkung der Schuldenquoten, sagte Schmidt.
Das Rettungspaket wird den Euro aus Sicht des Finanzwissenschaftlers Stefan Homburg allenfalls kurzfristig stabilisieren. Langfristig seien "die Glaubwürdigkeit der EZB und die Reputation des Euro aber komplett dahin", sagte Homburg dem "Tagesspiegel". Die EZB werde für die finanziellen Probleme einiger Staaten in Haftung genommen und verliere damit ihre Unabhängigkeit. "Ich gebe dem Euro keine Zukunft mehr."