Parteivorsitz SPD-Wähler bevorzugen Müntefering

Schlechte Karten für Parteichef Kurt Beck: Nach einer Emnid-Umfrage glauben SPD-Wähler, Franz Müntefering sei der bessere Parteivorsitzende - und Frank Walter Steinmeier der bessere Kanzlerkandidat. Am Samstag trafen sich Münte und Beck zu einem vertraulichen Gespräch.

Franz Müntefering hat kräftigen Rückenwind für sein geplantes Comeback. 61 Prozent der SPD-Wähler sind nach einer Emnid-Umfrage für "Bild am Sonntag" davon überzeugt, dass Müntefering ein besserer Parteichef wäre als Kurt Beck. Außenminister Frank Walter Steinmeier hingegen gilt als aussichtsreichster Kanzlerkandidat. Für ihn stimmten 39 Prozent, für Beck nur 19 Prozent.

Steinmeier, der ebenso wie Müntefering zu den Verteidigern der "Agenda 2010" gehört, hofft, dass sich der Ex-Arbeitsminister wieder voll in die Parteiarbeit einmischt. Der "Rheinischen Post" sagte Steinmeier: "Natürlich können wir sein Engagement, seine Kreativität und seine Erfahrung in der SPD gut gebrauchen." Er hoffe, "dass er sie uns zur Verfügung stellt". Zur Berufung eines Kanzlerkandidaten sagte er: "Gehen Sie mal davon aus: Sie werden zum Thema Kanzlerkandidatur noch vor Weihnachten etwas erfahren."

Müntefering schreibt Buch

Nach Informationen des Magazins "Focus" plant die SPD für die Bundestagswahl 2009 einen Team-Wahlkampf: Prominente SPD-Politiker sollen neben dem Spitzenkandidaten eine wichtige Rolle spielen. Das beträfe möglicherweise auch Müntefering. Dass der ehemalige Vizekanzler den gesamten Bundeswahlkampf der SPD leiten werde, schloss Beck am Freitag aus. Der Sauerländer will sich nach Informationen des "Spiegel" allerdings schon bald wieder als Taktgeber der Sozialdemokraten profilieren: Im Herbst wolle "Münte" ein programmatisches Buch vorlegen, schreibt das Magazin. Es soll die politische Richtung nach der Reform-"Agenda 2010" beschreiben.

Müntefering hatte sich vor neun Monaten aus der Bundesregierung zurückgezogen, um seine krebskranke Frau zu pflegen. Sie war vor rund drei Wochen gestorben. Seitdem wird über die künftige Funktion des früheren Vizekanzlers und Arbeitsministers spekuliert. SPD-Chef Kurt Beck traf sich am Samstag am Rande einer Gedenkveranstaltung für den verstorbenen Bundespräsidenten Johannes Rau mit Müntefering zu einem Gespräch. Über den Inhalt des Gesprächs wurde nichts bekannt.

Unklarer Umgang mit Linkspartei

Unterdessen flammte die Debatte über eine Zusammenarbeit der SPD mit der Linkspartei wieder auf. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) beklagte: "Die SPD ist leider kein verlässlicher Partner mehr. Sie ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt." Man wisse oft nicht mehr, wer in der SPD das Sagen habe, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Er kritisierte, dass das Verhältnis des Koalitionspartners zur Linken nicht geklärt sei. "Ich glaube keinem in der SPD, der mir sagt: Es gibt nach der Bundestagswahl keine Zusammenarbeit mit der Linkspartei." Er vermisse bei Steinmeier, dass er eine Kooperation mit der Linken in Hessen nicht klar ausschließe.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hält eine rot-rot-grüne Regierung nach der Bundestagswahl 2009 für sehr unwahrscheinlich. "Wenn ich mir anschaue, wofür die Linkspartei steht in einer modernen Politik der Gerechtigkeit, dann reicht es eben nicht aus, das Blaue vom Himmel zu versprechen", sagte sie im Deutschlandfunk. Der Linken-Vorsitzende Oskar Lafontaine stellte seine Partei im "Spiegel" in die Tradition der früheren SPD-Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt. Der SPD warf der ehemalige Vorsitzende der Sozialdemokraten vor, sie habe "ihre Identität verloren" und sei "schon lange nicht mehr sozialdemokratisch".

DPA
DPA