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Schlag 12 - der Mittagskommentar aus Berlin Pegida - ein gefundenes Fressen für die AfD

Bei den Montagsdemos in Dresden marschieren jetzt vor allem Wähler und Anhänger der rechtsgewirkten AfD - versteckt als harmlose Frustbürger. Damit demonstriert die Partei ihre Macht in Sachsen.
Von Werner Mathes

Dresden, Montagabend. Diesmal waren es 15.000 Demonstranten, die hinter den Fähnchen der "Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" durch die Innenstadt marschierten - 5000 mehr noch als am vergangenen Montag. Zuvor hatte Kanzlerin Angela Merkel gewarnt, dass jeder, der sich an diesen sogenannten Montagsdemos der Anti-Islam-Bewegung Pegida beteiligt, aufpassen müsse, "dass er nicht von den Initiatoren instrumentalisiert wird". Und ihr Vize Sigmar Gabriel assistierte: "Die AfD kocht ihr Süppchen mit Pegida."

Die rechtspopulistische AfD rührt mit der Bewegung des zwielichtigen und mehrfach vorbestraften Pegida-Frontmanns Lutz Bachmann schon längst nicht mehr nur ein Süppchen an - sie dominiert bereits die Montagsmärsche in der sächsischen Landeshauptstadt. Am Montagabend war zum Beispiel der brandenburgische Landesvorsitzende der AfD und Bundes-Vize Alexander Gauland mit einigen Getreuen auf der Pegida-Demo. Der Dresdner AfD-Vorstand versicherte seine "Solidarität mit Pegida", und fast alle sächsischen AfD-Kreisverbände rufen zur Teilnahme an den Montagsmärschen auf. "Gut und richtig" findet natürlich auch der AfD-Vorsitzende Bernd Lucke die Pegida-Proteste.

Die AfD ist auf den Zug aufgesprungen

In Dresden haben bei der Landtagswahl am 31. August dieses Jahres fast 28.000 Menschen die rechtsgewirkte AfD und die rechtsextreme NPD gewählt. "Das Potenzial ist in der Stadt vorhanden", weiß Manfred Güllner, Chef des Berliner Meinungsforschungsinstituts Forsa, "und wenn da nur die Hälfte mitmacht, sind das annähernd 15.000." Aber sie kommen nicht nur aus Dresden, sondern auch aus dem Umland. Pegida ist nicht nur der verlängerte Arm der AfD, Pegida wird immer mehr von der AfD dominiert. Die Rechtspopulisten sind aufgesprungen auf den Zug, der ihnen eine breite Aufmerksamkeit garantiert. Die finden sie weder im Europaparlament, in dem sich AfD-Chef Lucke langweilt, und auch nicht im Landtag oder in den Kreistagen, wo sie sich tatsächlich um die Sorgen und Nöte ihrer Wähler kümmern müssten.

Pegida-Märsche: eine Machtdemonstration der AfD

Dass die 15.000 in Dresden ihren Frust und Unmut über die etablierten Parteien und die angeblich gleichgeschaltete Presse ausdrückten, ist zu kurz gedacht. Dieser Frust und dieser Unmut war schon immer da - der schlägt aber nicht um in Aggression, wie sie montags auf Dresdens Straßen herrscht, sondern in Apathie. Die Frustbürger gehen kaum auf die Straße, sondern bleiben den Urnen fern und wählen keine extremen Parteien. Da die AfD als Partei mit dem Thema Fremdenfeindlichkeit nicht punkten kann, verstecken sich ihre Wähler und Anhänger unter dem Mummenschanz der Pegida - und nehmen wissentlich in Kauf, dass sie dort auch mit Rechtsextremen und gewaltbereiten Hooligans verbandelt sind. Es sind keine normalen Bürger aus der Mitte der Gesellschaft, die den sozialen Abstieg fürchten und sich vor den Herausforderungen der Zukunft ängstigen, es sind von rechtem Gedankengut infizierte Menschen, die in Sachsen die NPD und die AfD gewählt haben oder diesen Parteien nahestehen.

Je deutlicher das wird, desto empfindlicher wird es die Partei spüren. Im aktuellen stern-RTL-Wahltrend rutscht die AfD bereits auf fünf Prozent ab. Auch deshalb, weil sich die CDU klar gegen sie abgrenzt und es deshalb keine Wählerwanderung mehr in Luckes Lager gibt. Werten wir also die Pegida-Demonstranten weiter mit unserem Verständnis für die Sorgen und Nöte sich abgehängt fühlender Unter- und Mittelschichtler auf, werden sie noch mehr Zulauf bekommen. Die Pegida-Aufmärsche sind nichts anderes als Machtdemonstrationen der AfD. Das sollten wir zur Kenntnis nehmen. Und irgendwann wird auch Pegida-Aufrührer Lutz Bachmann Platz machen - womöglich sogar für einen AfD-Mann.

Werner Mathes ist Reporter im stern-Hauptstadtbüro Berlin - Sie können ihm unter @wernermathes auf Twitter folgen.

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