Politiker beleidigt Demonstranten Der FDP-Mann und ein paar "alte gefrustete Weiber"

Michael Marquardt pestete nach einem Auftritt der Kanzlerin gegen Anti-Merkel-Demonstranten. Der schwäbisch-deftige Ausfall des Stuttgarter FDP-Vizes wird zum Fall für den Staatsanwalt.

Auf der einen Seite beschäftigt Michael Marquardt, stellvertretender Kreisvorsitzender der Stuttgarter FDP, derzeit sein Umzug, der Erwerb von Ikea-Möbeln die Sorge um das Wohlergehen von Hund "Scully" inklusive. Auf der anderen Seite beweist er, wie sehr so ein Wohnortwechsel einem auf die Nerven schlagen kann: "Nur Trillerpfeifen, alte gefrustete Weiber mit ungepflegten Haaren und Trillerpfeifen, ungepflegte, nach alten Schweiß stinkende, rumbrüllende Männer ohne jeden Anstand", schreibt er nach seiner Rückkehr von einer Wahlkampfveranstaltung auf dem Marktplatz.

Das war vor einer Woche. Seine klaren Worte hallen bis heute nach. Auf Twitter tobt immer noch ein Sturm der Entrüstung, in der Kommentarspalte unter seinem Facebook-Posting vom 12. Oktober wechseln sich Beifallklatscher mit Wutbürgern und Witzbolden ab: "Beschreibt manche S21 Gegner doch ganz gut!", schreibt einer, ein anderer mahnt: "Herr Marquard man sollte die Achtung vor den Menschen nicht verlieren", und ein "Fridolin Fröhlich" lästert: "Marquardt hat recht. Ich finde Merkel könnte wirklich mal Haarpflege betreiben."

"Sprechchöre eine Schande für Stuttgart"

Was genau den Liberalen vergangenen Freitag derart in Rage brachte, beschrieb er auf der Website des <kinkextern adr="http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/fdp-politiker-beleidigt-stuttgart-21-gegner-gefrustete-weiber-mit-ungepflegten-haaren/7260720.html">"Handelsblatt" so: "Ich habe die Veranstaltung (des von FDP und CDU unterstützten Stuttgarter Bürgermeisterkandidaten Sebastian Turner, d. Red.) erlebt, wurde beschimpft, abgedrängt, beim Applaudieren beleidigt und angepöbelt." Er sei sehr entsetzt über das, was sich beim Auftritt der Bundeskanzlerin abgespielt habe. Dies sei eine Schande für Stuttgart. Sprechchöre mit "Merkel-Schlampe" oder noch schlimmeren Parolen hätten mit dem Demonstrationsrecht nichts zu tun. Die Formulierungen im anschließenden Facebook-Posting seien vielleicht etwas hart ausgefallen, so der FDP-Politiker weiter, aber: "Die Aussage habe ich getätigt und stehe auch dazu."

Demnächst beschäftigt sich auch die Staatsanwaltschaft der Stadt mit den harschen Worten Marquardts. Laut einiger regionaler Zeitungen hat der Bezirkspolitiker Willi Schraffenberger aus Obertürkheim Anzeige wegen Volksverhetzung gegen den FDP-Vize eingereicht. Eine Behördensprecherin sagte stern.de, dass ein entsprechendes "Schreiben eingegangen" sei.

Bei der FDP liegen die Nerven blank

Auch einigen Parteikollegen gehen Marquardts Äußerungen zu weit. So forderte ihn ein FDP-Gemeinderat auf, sich zu entschuldigen. Dass bei den Liberalen derzeit die Nerven blank liegen, bewies jüngst auch Generalsekretär Patrick Döring. Der hatte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück via "Bild"-Zeitung unter anderem eine "knallharte Gewinnermentalität" attestiert. Eine Äußerung, die der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki "ziemlich peinlich" findet, wie er nun offenbarte. "Ich weiß nicht, was er geraucht hat, aber für die Vertreter einer liberalen Partei ist es geradezu unerhört, sich darüber zu äußern", sagte er in der Sendung "Maybritt Illner".