Der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, rechnet mit einem Verlust von 100.000 Arbeitsplätzen durch die Reformpläne von Bundeskanzler Gerhard Schröder.
Die Bundesregierung müsse auch die großen Vermögen zur Finanzierung des Sozialstaates heranziehen, etwa durch eine Vermögenssteuer, Steuern auf Aktienkäufe und eine Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne, sagte Bsirske der "Bild"-Zeitung (Montagausgabe) laut Vorabbericht. Stattdessen wolle die Regierung "die Arbeitslosenhilfe streichen, damit der Steuersatz für Spitzenverdiener sinken kann. ... Mit solchen Einschnitten kostet die Agenda 2010 in den nächsten Monaten weitere 100.000 Arbeitsplätze." Die geplante Erhöhung der Tabaksteuer sowie die höhere Neuverschuldung reichen Bsirske zufolge nicht aus. "Die Bundesregierung zahlt jetzt die Zeche dafür, dass sie zwei Jahre lang in die Wirtschaftskrise hineingespart hat und die Großkonzerne um 30 Milliarden Euro Körperschaftssteuer entlastet hat." Das Geld fehle bei öffentlichen Investitionen, bei der Rente und den Krankenkassen. Die Folge seien hohe Arbeitslosigkeit und gigantische Steuerausfälle.
Die steigende Belastung der Beschäftigten durch höhere Steuern, Zuzahlungen und soziale Einschnitte würden sich auch auf künftige Tarifverhandlungen auswirken, sagte Bsirske. "Wenn die Politik den kleinen Leuten immer tiefer in die Tasche greift, erhöht das den Druck auf die Gewerkschaften, zum Ausgleich deutliche Lohnerhöhungen durchzusetzen."
Juso-Chef regt zur Belebung des Arbeitsmarktes weitere Schulden an
Zur Belebung des Arbeitsmarktes bedarf es nach Ansicht von Juso-Chef Niels Annen einer höheren Neuverschuldung. Annen sagte am Montag im ZDF-"Morgenmagazin": "Es ist keineswegs unser Ziel, Schulden zu machen, aber die Arbeitslosigkeit steigt in ungeahnte Höhen. Wir sind in einer ökonomischen Krise und das Wachstum ist kaum noch wahrnehmbar. Das bedeutet, wir brauchen Impulse konjunktureller Art, und es wird sich gar nicht anders machen lassen, als die auch zum Teil kreditfinanziert zu organisieren."
Die Jungsozialisten hatten auf ihrem Bundeskongress am Wochenende in Bremen die Reformpläne der Bundesregierung scharf attackiert und Änderungsvorschläge für eine stärker sozial ausgerichtete Agenda vorgelegt. Sie verlangen unter anderem die Wiedereinführung der Vermögensteuer, eine höhere Erbschaftsteuer und eine Ausbildungsplatzabgabe.
Im April waren in Deutschland 4,495 Millionen Menschen erwerbslos. Die Arbeitslosenquote lag bei 10,8 Prozent.