Trotz des irischen Neins zum Reformvertrag von Lissabon kann die EU-Krise nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel nur mit Irland gemeinsam gelöst werden. "Wir werden Irland die Chance gegeben, dass Irland ins Spiel zurückfinden kann", sagte Merkel in einer Regierungserklärung im Bundestag. Merkel wollte im Anschluss an die Debatte zum EU-Gipfel nach Brüssel reisen, wo am Abend die europäischen Staats- und Regierungschefs über Wege aus der Krise beraten wollen.
Merkel erteilte Überlegungen eine Absage, nach dem Scheitern des Referendums in Irland Ende vergangener Woche auf eine verstärkte Zusammenarbeit nur einiger europäischer Staaten zu setzen. Die Diskussion über ein Kerneuropa halte sie für "nicht zielführend" und "fahrlässig". "Die Geschlossenheit Europas ist kein Selbstzweck, sondern ein hohes Gut", fügte die Kanzlerin hinzu. Verträge in der Europäischen Union müssten einstimmig fortentwickelt werden. "Europa kann sich keine erneute Reflexionsphase leisten", sagte Merkel. "Wir brauchen den Vertrag von Lissabon." Die Entscheidung, wie es jetzt weitergehe, müsse schnell fallen. Merkel warnte indirekt vor zu großen Zugeständnissen an die Iren. "Europa kann sich keinen Kuhhandel leisten", sagte die Kanzlerin.
Irland hatte vorige Woche als einziges Land ein Referendum über den EU-Vertrag von Lissabon abgehalten. Die Wähler lehnten ihn mit einer Mehrheit von gut 53 Prozent ab. Jetzt ist offen, ob und wann der Vertrag in Kraft treten kann. Er sollte die Arbeitsfähigkeit der EU nach ihrer Erweiterung durch eine Reform der Institutionen verbessern.
Das negative Referendum in Irland ist nach Worten von FDP-Fraktionschef Guido Westerwelle auch eine Folge davon, dass den Bürgern in der EU der Nutzen der europäischen Integration nicht hinreichend erklärt wird. "Wenn man meint, das wäre ein insulares Problem, hat man die Lage in Europa nicht verstanden." Es gehe darum, die Mehrheit der europäischen Völker für den Reformvertrag zu bekommen. Der Dialog darüber sei aber "zu wenig und zu kümmerlich" und finde "zu sehr in den Eliten und zu wenig in der Breite statt".