SPD Beck kokettiert mit Rücktritt

SPD-Chef Kurt Beck hat erstmals einen Rücktritt nicht mehr kategorisch abgelehnt: "Ich klebe nicht an meinem Stuhl", sagte er in einer Fraktionssitzung. Als Rückzugsankündigung aber wurde der Satz in der Partei nicht verstanden - im Gegenteil, Becks Rede sei die beste seit langem gewesen, hieß es.

SPD-Chef Kurt Beck hat erstmals einen Rückzug von der Parteispitze nicht ausgeschlossen, um seine Kritiker zum Schweigen zu bringen. "Wenn ich Teil des Problems sein sollte, klebe ich nicht an meinem Stuhl", sagte er in einer kämpferischen Rede vor der SPD-Bundestagsfraktion nach Angaben von Teilnehmern. Vor der Kritik von außerhalb der Partei werde er aber nicht einknicken: "Ich lasse mich von außen nicht umpusten." Offener als bisher sagte er, dass die Kanzlerkandidatur zwischen ihm und Außenminister Frank-Walter Steinmeier entschieden werden solle - allerdings ohne Kampf. Viele Teilnehmer sagten, Beck habe nicht seinen Rücktritt in Aussicht gestellt, sondern den Druck auf die Kritiker erhöhen wollen.

Mehrere SPD-Abgeordnete sprachen nach der Rede von einem der stärksten Auftritte Becks vor der Fraktion. "So kämpferisch habe ich ihn noch nie erlebt", sagte einer. Im Vordergrund seiner gut 20-minütigen Rede habe der Aufruf an die Sozialdemokraten gestanden, trotz der schwierigen Lage selbstbewusst aufzutreten und sich auf Sachthemen zu konzentrieren. "Das war keine Drohung mit Rücktritt." Beck habe klar seinen Willen betont, die SPD aus der gegenwärtigen Krise zu führen. Der Satz, er klebe nicht an seinem Stuhl, sei locker dahin gesagt gewesen und nicht als reale Ankündigung eines Rücktritts zu interpretieren.

In diesem Sinne äußerte sich auch Fraktionschef Peter Struck. "Das sind Floskeln, die man nicht überbewerten sollte", sagte er dazu. In Becks Umfeld wurde darauf hingewiesen, dass dieser sehr bewusst zwischen Kritikern von außen und in den eigenen Reihen unterschieden habe. Der Parteichef hat in den vergangenen Tagen mehrfach scharf kritisiert, dass er nur anonym kritisiert werde, und seine Gegner zur offenen Aussprache aufgefordert. Beck steht seit Monaten unter Druck, da die SPD und er persönlich weiter schlechte Umfragewerte erzielen. In seiner Rede äußerte er den Angaben zufolge Verständnis, dass die Abgeordneten in dieser Lage nervös seien.

Beck sagte, die Frage der Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl solle ohne Kampf zwischen Steinmeier und ihm selbst geklärt werden. "Zwischen Frank-Walter und mir wird es in freundschaftlicher und klarer Weise abgehen", wurde er zitiert. "Wir werden uns keinerlei Schwierigkeiten machen, aber auch keinen Terminkalender von außen aufschwätzen lassen." Nach bisherigen Aussagen soll die Entscheidung Ende dieses oder Anfang kommenden Jahres fallen.

Struck mahnte die Abgeordneten, statt interner Streits die Erfolge der SPD in der Regierungsarbeit in den Vordergrund zu rücken. "Leider haben wir in den vergangenen Monaten diese Erfolge nicht in den Mittelpunkt gestellt, sondern uns lieber mit uns selbst beschäftigt", schrieb er in seinem Bericht an die Abgeordneten. Die SPD würde sonst besser dastehen.

In der Parteiführung gibt es Sorge, dass die Ende der Woche beginnende Sommerpause weiterhin vom SPD-internen Streit um den Kurs und Becks Führung sowie die Kanzlerkandidatur geprägt wird und die SPD darunter weiter leidet. Beck hatte daher in den vergangenen Tagen unterstützt von der ganzen Führung zu mehr Geschlossenheit gemahnt.

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