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SPD-Bundesparteitag Neue Zeit, schwere Zeit – für die SPD und erst recht für die Groko

Kommentar Bundesparteitag SPD
Die frisch gewählten SPD-Vorsitzenden Sakia Esken (r.) und Norbert Walter-Borjans 
© Kay Nietfeld / DPA
Der Anfang ist gemacht. Das Ende naht. Die SPD hat mit Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ein neues Spitzenduo. Für die Groko ist das keine ermutigende Nachricht. Sie steht ab sofort schwer auf der Kippe.

Nun also: "In die neue Zeit". Parteitagsslogans, da hat die SPD beileibe kein Alleinstellungsmerkmal, haben ja in der Regel eine gewisse Schwammigkeit. Dieses hier aber stimmt auf alle Fälle. Für die große alte Dame der Demokratie, die SPD, ist an diesem Freitag tatsächlich eine "neue Zeit" angebrochen, gewissermaßen mit einem historischen Moment. Erstmals seit den Zeiten August Bebels wird sie nun von einer Doppelspitze angeführt – von Saskia Esken, 58, und Norbert Walter-Borjans, 67.

Ob es auch eine gute Zeit wird? Schwer zu sagen, das hängt ja auch vom Standpunkt des Betrachters ab. Prognose: Einfach wird sie jedenfalls nicht.

Denn das mit 75,9 (Esken) und 89,2 (Walter-Borjans) gewählte Spitzenduo der Genossen hat zum Anfang seiner Vorsitzzeit schon mal jenes Quantum an Unversöhnlichkeit vorgezeigt, mit dem es die eigenen Ambitionen und den eigenen Neustart legitimieren musste. Mit dem das Regieren in der so ungeliebten Großen Koalition aber auch nicht leichter wird.

Ob die Union das mitmacht? Kaum vorstellbar.

Zur schnellen Übersicht hier nur das Wichtigste. Das Duo will "den Niedriglohnsektor austrocknen", Hartz IV "überwinden", den CO2-Preis drastisch erhöhen, die sogenannte "Schwarze Null" im Haushalt aufgeben und, wenn nötig, sogar die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse lockern.

Das ist starker Tobak, insbesondere inmitten einer Legislaturperiode, in der man sich an obigen Themen bereits gehörig abgearbeitet hat, zum Teil sogar erst kürzlich.

Die "neue Zeit" heißt für die Groko also: Alles nochmal auf Anfang. Heißt: Gerangel und Gewürge. Heißt: Dauerstreit. Heißt: Miserables Erscheinungsbild. Heißt: Bürgerunmut. Ob die Union das mitmacht? Kaum vorstellbar. Aus Partnern werden wieder Lager.

Saskia Esken hat in ihrer Bewerbungsrede dafür zusammenfassend schon die richtigen Worte gefunden: "Ich war und ich bin skeptisch, was die Zukunft der Groko angeht." 

Da liegt sie bestimmt nicht falsch. Es braucht fast schon überirdische Imaginationskraft, um sich vorzustellen, dass ausgerechnet diese mit heißer Nadel gestrickte Notgemeinschaft an der Spitze der SPD über genügend Ausstrahlungs- und Überzeugungskraft verfügt, um in der verbleibenden Restlaufzeit der Groko auch nur bescheidene Achtungserfolge zu erzielen.

Wie Amateurvereine, die sich im DFB-Pokal eine Klatsche abholen 

Und wenn nicht? Dann "isch over". Vielleicht schneller, als es der SPD lieb sein mag, die in Umfragen schon seit geraumer Zeit südlich der 15-Prozentlinie beheimatet ist. 

Sie, die SPD, muss sich dann in einem Wahlkampf der Wählergunst stellen, mit einem Spitzenduo, das an diesem Freitag so ungelenk auftrat, dass einem unwillkürlich die Erstrundenauftritte von Amateurvereinen einfallen, die sich im DFB-Pokal eine Klatsche abholen. 

Bei solchen Auftritten – aber auch das hängt vom Standpunkt des Betrachters ab – mischt sich meistens der Respekt dafür, es überhaupt versucht zu haben mit dem Mitleid für den Überforderten. 

Gut möglich, dass man schon sehr bald ein neues Gefühl für die SPD wird entwickeln müssen. 

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