Vor Beginn der Koalitionsverhandlungen am Montag haben Union und Wirtschaft massiven Widerstand gegen mögliche Steuererhöhungen angekündigt. Die Partei- und Fraktionsvorsitzende der CDU, Angela Merkel, will die Mehrheit der Union im Bundesrat nutzen, um einen Politikwechsel in Deutschland zu verhindern. Die Länderkammer sei zwar »kein parteipolitisches Instrument«, aber »wir wollen die Mehrheit von unionsgeführten Ländern nicht verschenken«, sagte Merkel der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«. Merkel kündigte dies bereits für den Fall geplantere Steuererhöhungen an: »Sollte die Regierung die Bürger sowie kleine und mittelständische Unternehmen mit Steuererhöhungen belasten, stößt das auf unseren deutlichen Widerstand im Bundesrat.«
Spekulationen um Pläne der Regierung
Die Spekulationen über die Pläne der Koalition hielten unterdessen unvermindert an. SPD und Grüne wollen sich am Montag zum Auftakt ihrer Verhandlungen über einen neuen Koalitionsvertrag mit dem Thema befassen. Um das Milliardenloch im Haushalt zu stopfen, seien neben Steuererhöhungen auch Ausgabenkürzungen oder eine zusätzliche Neuverschuldung möglich, sagte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«. Es sei nicht sinnvoll »von Anfang an gleich diese oder jene Debatte auszuschließen«.
Vermögens-, Erbschafts- und Tabaksteuer im Gespräch
Neben der Wiedereinführung der Vermögenssteuer und der Erhöhung von Steuern auf Erbschaften und Tabak sind weiterhin auch eine Anhebung der Ökosteuer und Eingriffe bei der Mehrwertsteuer im Gespräch. Laut »Spiegel« plant Finanzminister Hans Eichel eine Erhöhung der Neuverschuldung bis zu 13 Milliarden auf rund 34 Milliarden Euro in einem Nachtragshaushalts für dieses Jahr. Eine Sprecherin Eichels bezeichnete die Berichte als »reine Spekulation«.
Wirtschaft kündigt Widerstand an
BDI-Präsident Michael Rogowski sagte der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«, Schröder habe vor einem Dreivierteljahr in einem Gespräch mit den Präsidenten aller Wirtschaftsverbände gesagt, dass es außer der vereinbarten dritten Stufe der Ökosteuer keine weiteren Steuererhöhungen geben werde. »Wenn das jetzt nicht mehr gilt, machen weitere Spitzengespräche keinen Sinn mehr.« Auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte in der Chemnitzer »Freien Presse« nachdrücklich davor, »die Steuerschraube weiter anzuziehen«.
Gewerkschaften begrüßen »breitere Einnahmebasis«
DGB-Chef Michael Sommer sagte dagegen im Deutschlandfunk, die Gewerkschaften seien für eine breitere Einnahmebasis des Staates. »Dazu gehört die Vermögenssteuer, dazu gehört die Erbschaftssteuer, dazu gehört vor allen Dingen auch, dass die Regierung die Unternehmenssteuerreform überdenkt.«
Auch Proteste aus der SPD
Erstmals wurden auch aus der SPD Proteste gegen Steuererhöhungen laut. Der Vorsitzende des größten Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, Harald Schartau, sagte laut »Bild am Sonntag«, jede Art von Steuererhöhung wäre »pures Gift für die Konjunktur«. Der thüringische SPD-Chef Christoph Matschie sprach sich im Deutschlandfunk dafür aus, das Haushaltsloch mit Einsparungen statt Steuererhöhungen zu schließen. Der niedersächsische Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) verteidigte dagegen im Radio NDR Info seinen Vorstoß für eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine Anhebung der Erbschaftssteuer.