Die Bundeswehr wird zur Freiwilligenarmee: Schon ab 1. März werden junge Männer in Deutschland nicht mehr gegen ihren Willen eingezogen - vier Monate vor dem offiziellen Aussetzen der Wehrpflicht. Dies teilte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) am Mittwoch mit. Zuvor hatte das Kabinett die tiefstgreifende Reform in der Geschichte der Bundeswehr auf den Weg gebracht.
Zentrale Punkte sind neben dem Aussetzen der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 ein radikaler Umbau der Führungsstrukturen und eine Verkleinerung der Truppe von heute 251.000 Männern und Frauen in Uniform auf höchstens 185.000. Anstelle des Zivildiensts wird ein Bundesfreiwilligendienst eingeführt. Ziel sind eine schlagkräftigere Bundeswehr und mittelfristig Einsparungen von 8,3 Milliarden Euro. Allerdings hält Guttenberg die Summe für unrealistisch.
Er will mit einem dreistelligen Millionenbetrag neue Anreize für den Dienst beim Bund setzen. Da künftig nicht nur Zeit- und Berufssoldaten, sondern auch Wehrdienstleistende nur noch auf freiwilliger Basis dienen, sei die Attraktivität der Bundeswehr entscheidend, sagte Guttenberg. Dazu gehörten Angebote zur Qualifizierung und Weiterbildung ebenso wie finanzielle Anreize.
Das neue Wehrrechtsänderungsgesetz, das nun ins parlamentarische Verfahren geht, sieht 170.000 Zeit- und Berufssoldaten sowie 15.000 Wehrdienstleistende vor, die für 12 bis 23 Monate freiwillig zum Bund gehen. Guttenberg sagte, die Gewinnung von Freiwilligen sei künftig die Aufgabe der Kreiswehrersatzämter, die Daten zu jungen Männern und Frauen erfassen und diese anschreiben sollen. "Ein Brief allein wird nicht reichen, um den Grundgedanken des Freiwilligendienstes an der Gesellschaft zu formen", sagte der CSU-Politiker.
Zivis werden fehlen
Vor dem Problem, Interessierte zu finden, steht auch der neue Bundesfreiwilligendienst. Er soll den Wegfall des Zivildienstes, den derzeit noch 90.000 junge Männer in sozialen Einrichtungen ableisten, weitestgehend kompensieren, wie Familienministerin Kristina Schröder (CDU) sagte. "Natürlich ist es erst einmal schade, dass Zivis uns in Zukunft fehlen werden", sagte die CDU-Politikerin. "Jetzt stehen wir vor der großen Gemeinschaftsaufgabe, junge Menschen dafür zu gewinnen."
Der Bund will 35.000 Männern und Frauen jeden Alters die Möglichkeit bieten, ein freiwilliges Jahr abzuleisten. Das Angebot des Bundes soll das Freiwillige Ökologische und das Freiwillige Soziale Jahr der Länder ergänzen. Die Bedingungen sollen im Wesentlichen gleich sein, wie Schröder betonte. Insgesamt stellt der Bund 350 Millionen Euro im Jahr bereit - größtenteils Mittel, die bisher für den Zivildienst ausgegeben wurden.

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Opposition lobt "vernünftiges Konzept"
Der SPD-Abgeordnete Hans-Peter Bartels sagte, nach dem "untauglichen Ansatz" einer Verkürzung des Wehrdiensts auf sechs Monate sei der freiwillige Wehrdienst akzeptabel. "Das ist ein vernünftiges Konzept, das wir auch gemeinsam tragen wollen", sagte Bartels im Bundestag. Er äußerte allerdings Zweifel, ob eine "Kultur der Freiwilligkeit" entstehe.
Der Grünen-Abgeordnete Kai Gehring kritisierte Schröders Pläne: "Das Kabinett versagt beim Ersatz des Zivildienstes. Die Qualität insbesondere in der Pflege wird dadurch leiden, dass im Vergleich zum Zivildienst für den Freiwilligendienst mehrere hundert Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen." Zudem werde eine überflüssige Konkurrenz zu bestehenden Diensten geschaffen.