Streit um Ex-Wirtschaftsminister Kanzlerin Merkel lobt Clement

Seit Wolfgang Clement seiner Parteikollegin Andrea Ypsilanti in die Parade gefahren ist, bekommt er viel Lob - von der politischen Konkurrenz. Nun auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie sagt: "Herr Clement hat in der Sache Recht." Ein prominenter SPD-Politiker rechnet nun mit dem Parteiaustritt Clements.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich hinter die Kritik des früheren Wirtschaftsminister Wolfgang Clement an der hessischen SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti gestellt. Es sei "der absolute falsche Schritt zu sagen, wir steigen aus allen Kohlekraftwerken aus", sagte die CDU-Vorsitzende in einem NDR Info-Interview. "Und insofern muss ich einfach feststellen, dass Herr Clement in der Sache Recht hat."

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel warf dem ehemaligen SPD-Vize dagegen vor, mit falschen Fakten zu operieren. Die SPD betreibe keine Politik, die Kohlekraftwerke gänzlich ausschalte, betonte Gabriel im Deutschlandradio. Tatsache sei, dass in Deutschland bis 2012 etwa neun neue Kohlekraftwerke gebaut werden sollten, vor allem um alte Kraftwerke zu ersetzen. Die Debatte drehe sich allein darum, wie viele Kohlekraftwerke es noch geben könne und mit welcher Technik sie ausgestattet würden. Clement werfe Ypsilanti damit etwas vor, was schlicht und ergreifend nicht den Tatsachen entspreche, kritisierte der SPD-Politiker. "Das ist ein bisschen verrückt, was der Wolfgang Clement da treibt." Dies gelte auch für dessen Argumente zum Atomausstieg, den die damalige rot-grüne Regierung nicht nur gemeinsam mit den Energieerzeugern, sondern sogar unter der Federführung von Clement beschlossen habe.

Der frühere Bundeswirtschaftsminister, der 2005 aus der Politik ausgeschieden war, hatte am Wochenende indirekt von der Wahl der hessischen SPD-Spitzenkandidatin abgeraten. Wer wie Ypsilanti weder Atom- noch Kohlekraftwerke wolle, gefährde die industrielle Substanz des Landes, warnte er. Tatsächlich hat sich Ypsilanti aber nicht grundsätzlich gegen Kohlekraftwerke ausgesprochen, sondern in erster Linie gegen den Bau neuer Großanlagen, wie sie in Großkrotzenburg und Mainz-Wiesbaden geplant sind.

Hans-Jochen Vogel erwartet Parteiaustritt

Der frühere SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Vogel rechnet nach den Querschüssen Clements im hessischen Wahlkampf mit einem Parteiaustritt des Exministers. Der "Bild"-Zeitung sagte Vogel, Clements Kritik an Ypsilanti sei "inakzeptabel und soll offenbar die Trennung von der Partei bewirken". Nachdem zunächst Forderungen nach einem Parteiausschlussverfahren laut geworden waren, hatte sich die SPD-Spitze am Montag darauf verständigt, nicht gegen Clement vorzugehen.

Der frühere hessische Ministerpräsident und Bundesfinanzminister Hans Eichel stellte sich hinter diese Entscheidung. "Wolfgang Clement muss selber wissen - eigentlich versteht er sich als Sozialdemokrat - ob er dazu gehören will", sagte Eichel im Bayerischen Rundfunk. Nach seiner Einschätzung hätten die Äußerungen Clements der SPD im hessischen Wahlkampf nicht geschadet. Die Industriegewerkschaft Chemie, Bergbau, Energie (IG BCE) stärkte Clement indes den Rücken. "Energiepolitik ist langfristig angelegt. Deshalb helfen Aufgeregtheiten nicht weiter. Es ist dringend erforderlich, dass die Politik klar für den Industriestandort Position bezieht", sagte Gewerkschaftschef Hubertus Schmoldt der "Leipziger Volkszeitung".

AP · DPA
AP/DPA