Eine Woche nach dem blutigen Karfreitag von Kundus haben Hunderte Soldaten in einer bewegenden Trauerfeier Abschied von ihren drei gefallenen Kameraden genommen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte bei der Zeremonie am Freitag in der St. Lambertikirche im niedersächsischen Selsingen, die Fallschirmjäger im Alter von 25, 28 und 35 Jahren seien für ihr Land gestorben. "Ich verneige mich vor ihnen. Deutschland verneigt sich vor ihnen." Die Kanzlerin räumte ein, dass der Afghanistan-Einsatz sich schwieriger gestaltet als ursprünglich erwartet. Gleichzeitig machte sie klar, dass ein vorzeitiger Rückzug kein Thema sei.
Auch Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU) sprach den Angehörigen sein tiefes Mitgefühl aus. "Mit ihnen trauern wir, trauert ein Land." Die drei Soldaten hätten "überaus tapfer ihren Dienst in Afghanistan geleistet", sagte er. Sie seien von denjenigen getötet worden, "denen ein Menschenleben nichts, rein gar nichts zählt", sagte Guttenberg mit Blick auf die Erschießung der Soldaten durch radikalislamische Taliban.
Auch Kanzlerin spricht von Krieg
Merkel und Guttenberg plädierten bei der Zeremonie dafür, den Realitäten in Afghanistan ins Auge zu sehen. Viele würden den Einsatz als Krieg bezeichnen, sagte die Kanzlerin. "Und ich verstehe das gut." Guttenberg wurde noch etwas deutlicher. "Was wir am Karfreitag in Kundus erleben mussten, das bezeichnen die meisten verständlicherweise als Krieg - ich auch." Bisher hatte Guttenberg die Bezeichnung Krieg zwar verwendet, aber stets eingeschränkt und darauf verwiesen, dass dies juristisch nicht die korrekte Bewertung sei.
Merkel nahm erstmals an einer Trauerfeier für gefallene Soldaten teil. Sie hatte sich dazu am Donnerstag kurzfristig entschlossen und dafür ihren Osterurlaub abgebrochen. Die Zeremonie fand ganz in der Nähe des Seedorfer Heimatstandorts der gefallenen Soldaten statt. In der Kirche versammelten sich rund 600 Trauergäste zu dem eineinhalbstündigen Gottesdienst. Darunter waren auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Volker Wieker. Die drei Särge waren in schwarz-rot-goldenen Fahnen eingehüllt. Vor Beginn des Gottesdienstes verneigten sich Merkel und Guttenberg im Gebet vor den Särgen. Die Trauerfeier wurde auf Leinwände nach draußen übertragen, da viele Soldaten in der vollbesetzten Kirche keinen Platz fanden.
Der evangelische Militärseelsorger Armin Wenzel wandte sich in seiner Predigt an die Angehörigen, deren grenzenlose Trauer, "wir als Außenstehende nur erahnen können". Im Anschluss an Wenzels Worte legten die Teilnehmer eine Gedenkminute für die Getöteten ein, zeitgleich gedachten auch die Soldaten im Feldlager im afghanischen Kundus ihrer Kameraden. Die drei Seedorfer Fallschirmjäger Niels Bruns, Robert Hartert und Martin Augustiniak waren am Karfreitag bei Gefechten in Afghanistan schwer verwundet worden und an ihren Verletzungen gestorben. Acht weitere Soldaten wurden verletzt, vier von ihnen schwer.
Merkel verteidigt Afghanistan-Einsatz
Merkel und Guttenberg würdigten den mutigen Einsatz der rund 4500 deutschen Soldaten in Afghanistan. Die Kanzlerin verzichtete erneut darauf, ein Abzugsdatum für die deutschen Truppen zu nennen. "Das jetzt zu tun wäre verantwortungslos." Sie betonte aber, dass mit der neuen Afghanistan-Strategie die Übergabe der Verantwortung an die afghanischen Sicherheitskräfte vorbereitet werde. Der militärische Einsatz und der Wiederaufbau des Landes müssten Hand in Hand gehen. "Ohne Sicherheit gibt es keinen Wiederaufbau", sagte Merkel. Das gleiche gelte umgekehrt. Die Bundesregierung stehe "bewusst" hinter dem Einsatz der Soldaten und Polizisten in Afghanistan, betonte die Kanzlerin. Afghanistan dürfe nie wieder von Taliban und Al-Kaida-Terroristen beherrscht werden.
Auch heute wurde die Bundeswehr bei Kundus Ziel eines Anschlags. Bei der Explosion einer Sprengfalle vier Kilometer vom deutschen Feldlager entfernt wurde kein deutscher Soldat verletzt. Seit 2002 sind 39 Bundeswehr-Soldaten in Afghanistan umgekommen.