Trendwende in Thüringen SPD verhandelt mit CDU über Koalition

Rot-Rot-Grün ade: Die thüringische SPD nimmt Koalitionsgespräche mit der CDU für ein schwarz-rotes Regierungsbündnis im Freistaat auf. Mit den Christdemokraten sei "mehr Stabilität" möglich, sagte Landeschef Christoph Matschie. Das sieht allerdings nicht jeder Genosse so.

Thüringen bewegt sich einen Monat nach der Landtagswahl auf die Bildung einer Großen Koalition zu. Der SPD-Landesvorstand beschloss in der Nacht zum Donnerstag in Erfurt nach über vierstündigen Beratungen, der CDU Verhandlungen über die Bildung einer gemeinsamen Regierung anzubieten. Sozialministerin Christine Lieberknecht (CDU) erklärte, ihre Partei nehme dies an.

Vorangegangen waren kontroverse Gespräche. "Die Entscheidung für die CDU ist nach heftiger und intensiver Diskussion gefallen", sagte SPD-Landesgeschäftsführer Jochen Staschewski. Von 24 Mitgliedern des Gremiums hätten sich 18 für die CDU ausgesprochen. Der stellvertretende Landesvorsitzende Frank Rößner sah sich denn auch genötigt, das Vorstandsvotum zu verteidigen. Die SPD habe in den Sondierungsgesprächen in wichtigen Themenbereichen 80 Prozent ihrer Interessen umsetzen können. Auch in den Personalfragen herrsche deutlich mehr Klarheit als im linken Lager. Thüringens Juso-Chef Peter Metz gehörte zu den sechs Vorstandsmitglieder, die für Rot-Rot-Grün stimmten. Er sei nach wie vor davon überzeugt, dass die sozialdemokratischen Interessen in einer solchen Koalition besser umgesetzt werden könnten, sagte er.

"Ich habe diese Entscheidung erhofft", sagte dagegen Christdemokratin Lieberknecht. Lieberknecht ist Kandidatin der CDU für den Posten der Ministerpräsidentin. Staschewski erklärte, seine Partei werde einen Regierungschef der CDU akzeptieren.

Noch in dieser Woche will Lieberknecht als Verhandlungsführerin der CDU mit dem SPD-Spitzenkandidaten Christoph Matschie den Fahrplan für die Koalitionsverhandlungen abstecken. "In den Sondierungsgesprächen haben wir kein Thema ausgelassen. Wir wissen, dass wir uns in allen Feldern zu Kompromissen bereitfinden können", sagte Lieberknecht.

Streitpunkt Ministerpräsident

Am Mittwoch hatte die SPD die Sondierungen mit Linkspartei und Grünen auf der einen sowie mit der CDU auf der anderen Seite beendet. Vor allem in den Verhandlungen mit der Linken hatte es Reibereien gegeben, weil die SPD keinen Ministerpräsidenten der Linken akzeptieren wollte, obwohl die Linkspartei bei der Landtagswahl Ende August mehr Stimmen als die SPD erhalten hatte. Sie hätte deswegen nach parlamentarischen Brauch auch Anspruch auf das Amt des Regierungschefs.

Zuletzt waren sich Linkspartei und SPD entgegengekommen. Die Linkspartei hatte sich bereiterklärt, auch einen SPD-Regierungschef zu wählen. Die SPD ihrerseits war bereit, nicht mehr auf Matschie als alleinigen Kandidaten für den Posten zu beharren.

Linkspartei und SPD hatten auch die Grünen zu ihren Sondierungen eingeladen, obwohl ein rot-rotes Bündnis im Landtag über eine Regierungsmehrheit verfügt. Die Grünen hatten deswegen auch auf eine garantierte Gleichberechtigung als Voraussetzung für eine rot-rot-grüne Koalition gepocht.

Bei der Landtagswahl im August blieb die CDU zwar stärkste Partei, verlor aber ihre Regierungsmehrheit. Ministerpräsident Dieter Althaus erklärte nach dem Wahldebakel seiner Partei seinen Rücktritt, war dann aber zur Leitung einer Kabinettssitzung geschäftsführend in die Staatskanzlei zurückgekehrt.

Reuters
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