Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier stellt die Sanktionen gegen Russland in der Ukraine-Krise infrage. In einem vorab veröffentlichten Gespräch mit dem "Spiegel" warnte er vor den Folgen der Strafmaßnahmen. Auf die Frage, ob er besorgt sei, dass Russland destabilisiert werde, falls Europa die Sanktionen nicht lockere, erklärte der Minister: "Die Sorge habe ich." Wer Russland wirtschaftlich in die Knie zwingen wolle, werde damit nicht mehr Sicherheit in Europa schaffen. "Ich kann davor nur warnen", bekräftigte Steinmeier angesichts des zuletzt drastischen Rubel- und Ölpreisverfalls, der schwer auf der russischen Wirtschaft lastet, frühere Aussagen und wandte sich zugleich strikt gegen eine weitere Verschärfung der Sanktionen.
Russland zahle nun den Preis für den Vertrauensverlust wegen der Ukraine-Krise, zitierte der "Spiegel" den Minister weiter. Die handfeste Wirtschafts- und Finanzkrise werde in Russland sicher auch innenpolitische Wirkung entfalten. "Es kann nicht in unserem Interesse sein, dass diese völlig außer Kontrolle gerät", erklärte der SPD-Politiker. "Das sollten wir bei unserer Sanktionspolitik im Blick haben."
Röttgen widerspricht
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der CDU-Politiker Norbert Röttgen, widersprach Steinmeier. Er sehe keinen Grund für eine Lockerung der Sanktionen. "Putin hat es selbst in der Hand, die Situation zu wenden", sagte Röttgen dem "Spiegel". Die Sanktionen sollten ihn dazu bringen, sein Verhalten zu ändern. Der Westen erreiche mit Sicherheit keine Änderung der russischen Politik, wenn er die Sanktionen ohne Gegenleistung aufhebe.
Beim EU-Gipfel in Brüssel hatten sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel als auch Frankreichs Präsident Francois Hollande betont, konkrete Fortschritte in der Ostukraine seien die Voraussetzung für eine Lockerung der Sanktionen. Sollte Putin dem Westen entgegenkommen wollen, könnte er dies beim nächsten Treffen der Kontaktgruppe tun, die sich um eine Beilegung der Ukraine-Krise bemüht. Steinmeier sagte in Kiew, er hoffe auf eine Zusammenkunft am Sonntag.