Wahlanalyse Ungeliebte Fehlersuche

In der CDU reißt die Debatte um eine detaillierte Wahlanalyse nicht ab. Angela Merkel will die Aufarbeitung des Wahlkampfes verschieben und findet dabei Unterstüzung von führenden Partei-Politikern.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers lehnt wie Merkel eine sofortige Analyse ab. Die Koalitionsverhandlungen mit der SPD müssten jetzt im Vordergrund stehen, sagte der CDU-Vizechef im ZDF. Eine zusätzliche Diskussion über die Fehler im Wahlkampf - wie sie die Junge Union verlangt hatte - "überfordert uns". Am Wochenende hatten CSU-Chef Edmund Stoiber und auch andere Spitzenpolitiker der Union massive Fehler im Wahlkampf beklagt.

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion Norbert Röttgen forderte seine Partei auf, die Diskussion zu verschieben. "Wir haben doch alle in den letzten Wochen die Erfahrung gemacht, dass Geschlossenheit die Voraussetzung von Erfolg ist", sagte er dem "Handelsblatt". Die Koalitionsverhandlungen hätten Vorrang. "Wenn wir unsere Vorstellungen durchsetzen wollen, müssen wir uns darauf konzentrieren", sagte Röttgen.

Schwächen im Wahlkampf

Rüttgers äußerte sich allerdings positiv über die Fehleranalyse, die die Nachwuchsorganisation am Wochenende in Augsburg gemacht hatte. Die Jungen hätten ein gutes Gespür dafür, was schief gelaufen sei. Die Union hätte im Wahlkampf nicht den Eindruck erwecken dürfen, als sei sie "kalt und technokratisch", sagte Rüttgers im ZDF.

Der Arbeitnehmerflügel der Union bemängelte ebenfalls Schwächen im Wahlkampf. Die Ankündigung der Mehrwertsteuererhöhung und der Streichung von Steuervergünstigungen seien nicht richtig kommuniziert worden, sagte der Vize-Vorsitzende der Christdemokratischen Arbeitnehmerschaft im Bundestag, Gerald Weiß, der "Berliner Zeitung". Die Union müsse nun in der Regierung beweisen, dass sie für die soziale Marktwirtschaft stehe.

"Keine Wahlanalyse zwischen Tür und Angel"

Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) unterstützt CDU-Chefin Angela Merkel in ihrer Forderung nach einer Analyse des schlechten Unions-Wahlergebnisses zu einem späteren Zeitpunkt. "Man kann eine Wahlanalyse nicht zwischen Tür und Angel machen, man kann sie allerdings auch nicht bis ins nächste Jahr hinein vertagen", sagte Bosbach am Montag im Deutschlandradio Kultur. CDU und CSU hätten im Wahlkampf den Eindruck vermittelt, "als hätte die Union die katastrophale Lage des Landes zu verantworten".

Der SPD sei es im Wahlkampf erfolgreich gelungen, den Eindruck zu erwecken, sie befände sich in der Opposition, sagte Bosbach. Nun sei "volle Konzentration auf die Koalitionsverhandlungen" gefordert. "Aber der letzte Tag der Koalitionsverhandlungen muss auch der erste Tag einer gründlichen, aber auch fairen Wahlanalyse sein." Jedes "Störmanöver" schwäche die Position der Union. "Angela Merkel braucht jetzt volle Autorität für die Verhandlungen, sie braucht auch die volle Unterstützung der gesamten Partei."

DPA
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