Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow sieht im wiedervereinigten Deutschland ein Vorbild für Länder, die sich auf dem Weg zur Demokratie befinden. "Das Land hat in den vergangenen 20 Jahren seine mit der Einheit verbundenen Verpflichtungen eingehalten", sagte der frühere sowjetische Staatschef am Sonntag in der Frankfurter Paulskirche. In den ersten Jahren habe Deutschland zwar "ernsthafte Krankheiten" durchgemacht, doch inzwischen seien die wichtigsten Probleme gemeistert.
Die Wiedervereinigung habe den "objektiven Bedürfnissen in Europa und der ganzen Welt" entsprochen, sagte Gorbatschow, der als Kreml- Chef maßgeblich den Weg für die Deutsche Einheit bereitet hatte. Der Sowjetunion sei bewusst gewesen, dass sie "unvermeidlich kommt". Für den "Haupthelden der deutschen Wiedervereinigung" hält der 79-Jährige das Volk, das seinen Wunsch nach Einheit in Ost und West entschieden bekundet habe.
In der heutigen globalen Welt sei es wichtig, in einer "transkontinentalen Gemeinschaft" Probleme wie Armut, Umwelt- und Finanzkrisen oder Sicherheit gemeinsam zu lösen, sagte Gorbatschow. Amerika, Europa und Russland könnten nur als Partner "den Weg zur Neugestaltung der Weltpolitik einschlagen". Der 79-Jährige hob zugleich die Bedeutung der deutsch-russischen Beziehungen hervor. "Ich sehe Ihnen in die Augen und versichere Ihnen: Russland hat keine imperialen Absichten mehr. Niemand hat das mehr nötig", rief er den Gästen in der Paulskirche zu.