"Ich bin nicht gut genug." – "Bald fliege ich auf." – Oder: "Merkt eigentlich niemand, dass ich diese Beförderung gar nicht verdient habe?" Wer diese Gedanken regelmäßig hat, könnte das Hochstapler-Syndrom haben, auch Impostor-Syndrom genannt. Ein Phänomen, das sich wesentlich von normalen Selbstzweifeln unterscheide, erklärt die Psychotherapeutin Dr. Michaela Muthig in der 465. Folge des Podcasts "heute wichtig": "Das Impostor-Syndrom wird krankhaft, wenn es die Lebensqualität deutlich beeinträchtigt. Wenn es Karrierechancen unterbindet oder krank macht." Impostors seien oft gefangen in eigenen Selbstzweifeln, kombiniert mit hohen Ansprüchen an sich selbst und einer gestörten Selbstwahrnehmung. Diese führe dazu, dass man sich eigene Erfolge schlechtredet, erklärt Dr. Muthig: "Wenn wir eine Belohnung bekommen, ein Lob vom Chef oder eine Beförderung, lernen wir normalerweise daraus: Mensch, wir können das, wir sind gut genug. Und Menschen mit Impostor-Syndrom lernen das nicht." Das kann zu Folgeerkrankungen führen, wie Depressionen, Angststörungen oder einem Burnout.
Das Impostor-Phänomen: Habe ich meinen Erfolg verdient – oder bin ich ein Hochstapler?!

Versuche, die Maßstäbe, die du dir selbst setzt, mal ein bisschen herunterzuschrauben. Das, was du von dir selbst erwartest, erwartest du vermutlich von niemandem sonst – weil dir bewusst ist, dass du sie damit unter Druck setzen würdest. Und weißt du was? Das Gleiche lösen deine hohen Ansprüche auch bei dir selbst aus, denn: Du bist, genau wie alle anderen, auch "nur" ein Mensch. Klar, Fehler machen findet niemand cool. Aber: Nobody (!!) is perfect. Versuche, ein neutraleres Verhältnis zu möglichen Fehlern zu entwickeln und sie eher als Herausforderung als ein Karriere-Aus zu sehen.
Michelle Obama, Christiane Arp oder Tom Hanks sind Impostors
Absurderweise seien besonders oft Menschen davon betroffen, von denen das äußere Umfeld es am wenigsten erwarten würde. Prominente Beispiele seien zum Beispiel die ehemalige First Lady Michelle Obama, die ehemalige "Vogue"-Chefredakteurin Christiane Arp oder auch Schauspielerin Jodie Forster, beschreibt Dr. Muthig: "Jodie Foster hat einen Oscar bekommen und danach gesagt, sie habe darauf gewartet, dass jemand kommt und ihr den Oscar wegen eines Irrtums wieder wegnimmt."

Podcast "heute wichtig"
Klar, meinungsstark, auf die 12: "heute wichtig" ist nicht nur ein Nachrichten-Podcast. Wir setzen Themen und stoßen Debatten an – mit Haltung und auch mal unbequem. Dafür sprechen Host Michel Abdollahi und sein Team aus stern- und RTL-Reporter:innen mit den spannendsten Menschen aus Politik, Gesellschaft und Unterhaltung. Sie lassen alle Stimmen zu Wort kommen, die leisen und die lauten. Wer "heute wichtig" hört, startet informiert in den Tag und kann fundiert mitreden.
Nicht nur Frauen können sich als Hochstaplerinnen empfinden. Mit Tom Hanks oder Albert Einstein sind auch bekannte und erfolgreiche Männer vom Impostor-Syndrom betroffen. Denn großer Erfolg setze Betroffene noch stärker unter Leistungsdruck, erklärt die promovierte Psychotherapeutin Michaela Muthig: "Je höher wir kommen, je dünner die Luft da oben wird, desto mehr geraten wir unter Druck und haben Angst, dass man uns auf die Schliche kommen könnte."
"Impostor ist kein fishing for compliments"
Dr. Michaela Muthig ist Fachärztin für Allgemeinmedizin und Psychosomatik, war Oberärztin an der Universitätsklinik in Tübingen und hat ein Buch über das Hochstapler-Syndrom geschrieben: "Und morgen fliege ich auf". Rund die Hälfte der Erwachsenen kennt zumindest phasenweise diese Gedanken, auch Muthig selbst. Geholfen hat ihr der Austausch mit vertrauten Personen, um das eigene Bild ein wenig aufzubrechen: "Dadurch bekommt man einen Fremdblick." So könne man sich stärker auf eigene, messbare Erfolge konzentrieren und den Fokus verändern. Denn bei sich selbst habe man meistens höhere Ansprüche als an andere, sagt die Psychotherapeutin: "Nicht perfekt sein ist der Anspruch, sondern gut genug sein."
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