Mit dem Krieg gegen die Ukraine und den damit einhergehenden verringerten Gaslieferungen sowie der Energiekrise schwebt das Wort "Blackout" bei vielen über den Köpfen. Die Gefahr vor einem flächendeckenden und lang anhaltenden Stromausfall ist für manche Menschen beunruhigend.
Die österreichische Verteidigungsministerin Klaudia Tanner ist davon überzeugt, dass in Europa tatsächlich ein Blackout droht. "Das Risiko für einen flächendeckenden Stromausfall hat sich durch den Ukraine-Krieg noch einmal deutlich erhöht", sagte sie in einem Interview mit der Zeitung "Welt".
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein sogenannter Blackout in Teilen der Europäischen Union in naher Zukunft eintrete, sei "sehr groß". "Die Frage ist nicht, ob er kommt, sondern wann er kommt." Man solle nicht so tun, als sei das alles Theorie. Europa müsse sich auf Blackouts vorbereiten.
"Einen Blackout halte ich für sehr unwahrscheinlich"
Hackerangriffe auf die westliche Stromversorgung seien ein Mittel der hybriden Kriegsführung Putins, so Tanner. Österreich habe schon 2020 damit begonnen, die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren.
Auch die EU-Kommission bereitet sich auf einen solchen Ernstfall vor, wie der stern im Oktober berichtete. "Es ist gut möglich, dass Katastrophenhilfe auch innerhalb der EU nötig wird", sagte der EU-Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz, Janez Lenarcic, damals dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Wenn nur eine kleine Zahl an Mitgliedsstaaten von einem Zwischenfall wie einem Blackout betroffen ist, können andere EU-Staaten über uns Stromgeneratoren liefern, wie es während Naturkatastrophen geschieht", so der Kommissar.
Die deutsche Energiebranche hingegen sieht die Situation gelassen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) rechnet trotz der anhaltenden Energiekrise nicht mit großen Stromausfällen. "Einen Blackout halte ich für sehr unwahrscheinlich", sagte die BDEW-Vorsitzende Kerstin Andreae der "Augsburger Allgemeinen" Mitte Dezember (der stern berichtete).
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Bundesnetzagentur: Blackout "äußerst unwahrscheinlich"
Zwar könne nicht völlig ausgeschlossen werden, "dass es zu Situationen kommen könnte, in denen regional kurzfristig abgeschaltet werden muss", räumte Andreae ein. "Das wäre jedoch kein klassischer Stromausfall, sondern ein kontrollierter, zeitlich begrenzter Eingriff, um die Netze zu stabilisieren, damit die Versorgung deutschlandweit gesichert ist."
Auch die deutschen Behörden geben Entwarnung. "Ein großflächiger Stromausfall in Deutschland ist äußerst unwahrscheinlich", heißt es etwa beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Die Bundesnetzagentur hält einen Blackout ebenfalls für "äußerst unwahrscheinlich".
Das elektrische Energieversorgungssystem sei "mehrfach redundant" ausgelegt und verfüge über zahlreiche Sicherungsmechanismen, um das Stromnetz bei Störungen zu stabilisieren, so das BBK. Die Wahrscheinlichkeit, dass es "regional und zeitlich begrenzt zu erzwungenen Abschaltungen kommt, um die Gesamtversorgung weiter sicherzustellen", sei gering.

"Krieg hat das Risiko für einen Blackout nicht erhöht"
Ein Blackout sei "reine Panikmache", sagte Ansgar Hinz, Vorstand der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. Gruppe (VDE), im Oktober dem stern. "Der Krieg hat das Risiko für einen Blackout nicht erhöht."
Hinz wies darauf hin, dass die Begriffe Stromausfall und Blackout gleichgesetzt oder verwechselt würden. Es handele sich um zwei unterschiedliche Szenarien. Bei einem Blackout bricht das Energieversorgungsnetz unkontrolliert zusammen. Maßnahmen im Falle eines Stromausfalls seien dagegen in der Regel planbar.