Ampel hilft der Industrie Der Strompakt ist gut – aber jetzt bitte auch die Verbraucher entlasten!

Strompakt: Ein Arbeiter an einem Hochofen
Hochofen von Thyssenkrupp Steel in Duisburg: Die energieintensive Industrie wird beim Strompreis mit dem Strompakt deutlich entlastet. 
© Malte Ossowski/SVEN SIMON/ / Picture Alliance
Die Koalition will die Industrie mit dem Strompakt stark unterstützen. Das ist eine gute Nachricht für die Wirtschaft. Für Verbraucher ist sie weniger gut. 

Puh, die Industrie kann aufatmen. Sie hat sich durchgesetzt. Das Strompreispaket, das die Ampelkoalition in aller Stille ausgehandelt hat, ist ein Knüller für sie. Es beschert ihnen allein im kommenden Jahr einen finanziellen Vorteil von rund zehn Milliarden Euro.

So wird die Stromsteuer ab 2024 gesenkt, sie fällt von 1,537 Cent pro Kilowattstunde auf 0,05 Cent. Das bedeutet für die Wirtschaft eine doppelt gute Nachricht: Erstens sinkt ihre Stromrechnung auf ein wettbewerbsfähigeres Niveau. Zweitens funktioniert die Steuersenkung automatisch, also ohne weitere aufwändige Formulare, unter deren Flut Unternehmer schon lange stark leiden.

Innerhalb Europas bringt das Strompreispaket die deutsche Wirtschaft auf jeden Fall voran. Mit – auf dem Papier – 26 Cent pro Kilowattstunde inklusive Steuern und Abgaben lag man bislang im Mittelfeld. Frankreich war Preisführer mit 15 Cent, Dänemark Schlusslicht mit 44 Cent. Inwieweit sich die weltweite Lage im Wettbewerb durch das Strompaket entspannt, ist fraglich. Viele Ländern subventionieren ihre Industriestrompreise noch kräftiger als die Deutschen. In China und den USA liegt die Kilowattstunde bei acht Cent.

Nun ist es nicht so, dass die deutsche Industrie immer die 26 Cent zahlen muss. Der Staat hat auch in der Vergangenheit kräftig zugeschossen. Durch den gültigen „Spitzenausgleich“  hatten bislang schon rund 500.000 Firmen des produzierenden Gewerbes, die mehr als 1.000 Euro Stromsteuer im Jahr zahlen, Anspruch auf bis zu 90 Prozent Steuerrückerstattung.

Strompakt für die Industrie: Kaum Steuern, kaum Abgaben

Die rund 350 besonders energie- und wettbewerbsintensiven deutschen Unternehmen wurden noch mehr entlastet, sie sind teils komplett von der Steuer- und Abgabenlast befreit, sodass sie kaum mehr als den Einkaufspreis für Strom zahlen müssen. Für sie wird die gültige „Strompreiskompensation“ um fünf Jahre verlängert, wodurch sie von den Kosten, die in der Stromerzeugung für den CO2-Emissionshandel anfallen, befreit werden. Den Steuerzahler kostet das 2023 rund drei Milliarden Euro. Bislang mussten sie einen Selbstbehalt aufbringen, der demnächst entfällt. Für die 90 extrem stromintensiven Firmen gibt es für weitere fünf Jahre eine noch stärkere Kompensation - ebenfalls ohne Selbstbehalt.

Das klingt alles prima - nur nicht für Verbraucher. Für sie wird sich die Stromrechnung nicht entspannen, im Gegenteil. Seit langem fordern Verbraucherschützer, dass auch beim Haushaltsstrom die Stromsteuer gesenkt wird. Doch das steht nicht auf der Agenda.

Dagegen hat das Bundeswirtschaftsministerium gerade erst neue höhere Netzentgelte angekündigt. Diese Gebühren, die Netzbetreiber einstreichen, um damit die Infrastruktur zu pflegen und auszubauen, machen inzwischen fast ein Viertel des Strompreises aus. Durchschnittliche Privathaushalte müssen ab kommendem Jahr fast elf Prozent mehr dafür hinlegen. Das ist nicht gerecht.

Mag sein, dass nun nicht die kleineren Firmen für die Entlastung der großen Konzerne zahlen müssen, wie es Experten in der Debatte um Habecks Idee von einem fixen „Brückenstrompreis“ befürchtet hatten. Es zahlen aber auf jeden Fall die Verbraucher über ihre Steuern und Abgaben. Es wird Zeit für ein Strompaket auch für sie.

Warum sollten sie mehr Stromsteuern abführen, als von der EU gefordert, wenn es die Industrie nicht muss? Auf jeden Fall würde ein günstigerer Haushaltsstrom den Konsum anregen – und vielleicht auch der deutschen E-Autoindustrie einen neuen Frühling bescheren.

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