Syrienkrieg Tagsüber Bomben, nachts der Frost: So erleben die Menschen in Idlib den Krieg

Von Steffen Gassel und Hosam Katan
Ariha in der Provinz Idlib
Nach einem schweren Luftangriff ziehen Wolken aus Rauch und Staub über Ariha. Die meisten der ehemals 60.000 Einwohner der Stadt in der Provinz Idlib sind nach Norden geflohen
© AFP
In der syrischen Provinz Idlib kämpft sich der Diktator Assad zurück an die Macht. Fast eine Million ­Menschen sind auf der Flucht, die meisten von ihnen Frauen und Kinder. Der stern hat mit Menschen aus dem Kampfgebiet gesprochen. Es sind Protokolle des Schreckens.

Freie Zelte gibt es schon lange keine mehr in Idlib. Auch Moscheen und Schulen, sogar Garagen und Hühnerställe sind mit Schutzsuchenden überfüllt. Jeder Zehnte der über 800.000 Menschen, die im Laufe der vergangenen zehn Wochen vor den Truppen des Assad-Regimes, vor russischen Kampfflugzeugen und iranischer Artillerie geflohen sind, schläft unter freiem Himmel. Bei Schneefall und Minustemperaturen. Zwei von dreien in diesem Treck der Verzweifelten sind Kinder.

Flucht und Vertreibung in Idlib

Man sollte meinen, ein neuer, riesiger Exodus in Richtung der türkischen Grenze würde Europa aus seiner Lethargie aufschrecken. Doch das ist nicht der Fall. Auf der hochkarätig besetzten Münchner Sicherheitskonferenz, die vergangenes Wochenende zu Ende ging, war die Lage im Nordwesten Syriens nur ein Randthema. Außenminister Maas ließ vernehmen, er habe „große Befürchtungen, dass es da zu einer humanitären Katastrophe kommt“. Nur: Die gibt es längst.

Und es ist eine Katastrophe mit Ansage. Ob Homs oder Aleppo, Ghuta oder Daraa – wann immer das Assad-Regime in den vergangenen Jahren Rebellengebiete zurückgewann, stand die dortige Bevölkerung vor der Wahl: Unterwerfung oder Deportation nach Idlib. Über eine Million gab lieber Haus und Habe auf, als sich dem Regime auszuliefern, in dessen Foltergefängnissen 130.000 Menschen verschwunden sind.

Nun wissen die Menschen nicht mehr, wohin sie noch fliehen sollten. Die riesigen Flüchtlingslager im türkisch kontrollierten Gebiet weiter nördlich sind überfüllt. Die Grenze zur Türkei ist seit 2015 geschlossen und – auch mit Unterstützung der EU – nahezu hermetisch versiegelt worden. Die billigste und auch riskanteste Schmuggelroute in die Türkei kostet pro Person 350 US-Dollar. Kaum jemand kann sich das leisten.

Auf einer Straße im Norden Idlibs stauen sich die Fahrzeuge
Auf einer Straße im Norden Idlibs stauen sich die Fahrzeuge der Menschen, die in Richtung der türkischen Grenze fliehen
© AFP

So hoffen die Fliehenden, dass die türkische Armee und mit ihr verbündete Rebellen den Ansturm der Regimetruppen noch stoppen. Doch diese Hoffnung könnte enttäuscht werden. Zwar wird Präsident Recep Tayyip Erdoğan nicht müde, dem Regime in Damaskus zu drohen. Tausende Soldaten hat er nach Nordwest-Syrien geschickt. Vergangene Woche schossen Rebellen zwei syrische Hubschrauber ab – mit Boden-Luft-Raketen, die offenbar die türkische Armee ausgegeben hatte. Doch die Aktion verpuffte schnell. Assads Fassbomberflotte blieb zwar zunächst am Boden. Doch die Truppen des Regimes kesseln weiter einen türkischen Stützpunkt nach dem anderen ein. Derweil setzen Putins Kampfjets ihre Angriffe fort. Um Russland in Idlib die Stirn bieten zu können, brauchte die Türkei handfeste Unterstützung ihrer Nato-Partner, allen voran der USA. Die ist nicht in Sicht. Auch, weil man im Pentagon nicht vergessen hat, dass die Türkei vergangenen Oktober gegen die syrischen Kurden zu Felde zog, die Hauptalliierten des Westens im Kampf gegen den IS.

So haben Putin und Assad freie Hand, zu entscheiden, wie viel von Idlib sie noch erobern wollen und wie schnell. Die Islamistenmiliz „Hayat Tahrir al-Scham“, bisher dominante Kraft in der Provinz, hat ihre Kämpfer zuletzt auf breiter Front zurückgezogen. Am vergangenen Sonntag fiel auch westlich von Aleppo ein Gebiet, das seit 2012 in Rebellenhand gewesen war, nahezu kampflos an das Regime. Währenddessen geht für die Flüchtlinge in Idlib und Umgebung der Überlebenskampf weiter. Tagsüber gegen die Bomben. Nachts gegen den Frost.

Der stern hat in den vergangenen Tagen mit Menschen im Kampfgebiet gesprochen. Manche der Interviews fanden via Whatsapp statt, andere führten lokale Helfer für uns vor Ort. Hier protokollieren wir die Berichte eines Familienvaters, einer Rettungssanitäterin, eines Arztes und des Inhabers eines Tierheims. Aus Angst vor Repressalien gegen Verwandte, die in Gebieten unter Assad-Herrschaft leben, haben mehrere Interviewpartner uns gebeten, nur ihre Rufnamen zu veröffentlichen.

Abu Muhammad, 46, Vater einer siebenköpfigen Familie

„Wer kein Haus mehr hat, hat keine Hoffnung mehr. Aber unser kleiner Pick-up hilft uns, wenigstens unsere Würde zu bewahren. Er ist unser Haus auf Rädern. Eine Sicherheitszone für meine Familie. Auch wenn ich weiß, dass es nirgendwo in Idlib sicher ist.

Die Ladefläche habe ich mit Decken und Planen abgedichtet, so gut es geht. Obendrüber habe ich zwei Kunststoffwände als Decke befestigt, schräg, damit der Regen und der Schnee seitlich ablaufen können. Den kleinen Ofen heizen wir mit Plastikmüll und alten Kleidern. Der Qualm stinkt, aber das Feuer hilft ein bisschen gegen die eisige Kälte. Für Brennholz haben wir kein Geld. Nachts herrschen Minusgrade. Dann kauern wir uns zu sechst hier hinein: Meine vier Kinder, mein alter Vater und ich. Meine Frau schläft in einem Gemeinschaftszelt für Frauen in einem Flüchtlingslager in der Nähe. Dort bekommen wir auch einmal am Tag warmes Essen. Den Rest der Zeit sitzen wir im Auto und warten auf Gottes Hilfe. Sonst wird uns ja niemand helfen.

Lieferwagen von Abu Muhammad
Mit Planen, ­Decken und zwei alten Kunststoffwänden hat der Familienvater Abu Muhammad die Ladefläche seines kleinen Lieferwagens not­dürftig isoliert
© Aref Tammawi

Seit drei Wochen campen wir in diesem Olivenhain bei Maarrat Misrin. Der Ort liegt nördlich der Stadt Idlib, auf dem Weg zur türkischen Grenze. Es war das siebte Mal in dreieinhalb Jahren, dass wir vor den Bomben des Assad-Regimes und der Russen fliehen mussten. Eigentlich stammen wir aus Damaskus. Dort hatte ich früher einen kleinen Laden für Unterhaltungselektronik, ich reparierte Plasmabildschirme und verdiente gut. Wir wohnten in einer schönen Wohnung.

Nach Beginn des Aufstands gegen Assads Regime übernahmen Rebellen mehrere Jahre lang die Kontrolle über unser Viertel. Assads Armee belagerte uns. 2016 gab es einen Deal: Die Gegend fiel zurück an das Regime. Im Gegenzug bekam, wer wollte, freies Geleit in die Provinz Idlib, die Hochburg der Rebellen im Norden. Wir beschlossen zu gehen. Mehr will ich dazu nicht sagen, denn ich habe noch viele Verwandte in Damaskus. Die will ich nicht in Gefahr bringen.

Bitte helfen Sie den Menschen in Idlib. Wir leiten Ihre Spende weiter. IBAN DE90 2007 0000 0469 9500 01 BIC DEUTDEHH – Stichwort: "Idlib", oder online auf www.stiftungstern.de

In Idlib fing ich von vorn an. Von meinem Ersparten kaufte ich mir den Pick-up und fuhr als fliegender Händler für Secondhandkleidung über die Dörfer. Wir wohnten jetzt auf dem Land, denn die Miete in der Stadt konnten wir uns nicht mehr leisten. Zwei Jahre lang ging es gut. Wir hatten nicht viel, aber wir waren in Sicherheit. Dann rückte das Regime von Süden vor, und wir mussten wieder fliehen. Seitdem sind wir nicht mehr zur Ruhe gekommen. Meine vier Kinder sind zwischen sechs und 16 Jahren alt. Sie sind es gewohnt, dass wir nirgendwo länger als ein paar Wochen oder Monate bleiben.

Am Neujahrstag bombardierte das Regime die Schule von Sarmin, dem Ort, wo wir zuletzt gewohnt haben. Meine sechsjährige Tochter und mein achtjähriger Sohn saßen gerade im Unterricht. Sie kamen unverletzt davon, aber vier Kinder und zwei Lehrer starben. Die Menschen flohen in Panik aus der Stadt, es gab einen riesigen Stau. Ich sehe die verzweifelten Gesichter hinter den Autoscheiben noch vor mir. Alle dachten: ‚Wo sollen wir nur hin? Für uns gibt es keinen Platz mehr auf der Welt.‘ Schahad, meine Kleinste, weinte um ihre Puppe, die sie in den Trümmern der Schule verloren hatte.

Den Ofen im Inneren befeuert die ­Familie mit Plastikmüll und ­Altkleidern
Den Ofen im Inneren befeuert die ­Familie mit Plastikmüll und ­Altkleidern
© Aref Tammawi

Seit wir kein Dach mehr über dem Kopf haben, sind die Kinder dauernd krank. Mein letztes Geld spare ich auf, um ihnen Medikamente zu kaufen und manchmal Obst. Gestern habe ich ein Kilo Äpfel und ein Kilo Orangen gekauft und dafür 1300 syrische Lira bezahlt. Früher hätte das höchstens 50 Lira gekostet.

Ich glaube nicht, dass wir hier noch lange bleiben können. In der Gegend um uns herum fallen fast täglich Bomben. Unser nächstes Ziel ist die türkische Grenze. Sie ist geschlossen, aber sie ist unsere letzte Hoffnung. Zum Glück haben wir noch ein paar Liter Diesel im Tank. Viele hier können sich nicht einmal ein Busticket für die 30 Kilometer bis zur Grenze leisten.“

Hussam Adnan, 45, Allgemeinarzt am Schifa-Krankenhaus von Afrin

„Aus Deutschland rufen Sie an? Ich bin in Münster geboren. Aber das ist eine alte Geschichte. Mit neun bin ich nach Syrien zurückgezogen.

Iman Laila
Die kleine Iman Laila wurde nur eineinhalb Jahre alt. Sie ­erfror in den ­Armen ihres ­Vaters. Der Arzt Hussam ­Adnan postete ihr Bild auf Facebook

Es war um sieben Uhr am Donnerstag vergangener Woche, als der Vater mit dem Bündel im Arm in unserem Krankenhaus ankam. Eineinhalb Jahre alt war die kleine Iman Laila. Ihre Familie war 2018 wie Tausende andere aus Ost-Ghuta bei Damaskus nach Idlib deportiert worden. Iman war von Geburt an ein Flüchtlingskind. Zuletzt lebte die Familie im „Trandeh Camp“, einem Gewerbegebiet ungefähr fünf Kilometer von hier. Dort hausen Flüchtlingsfamilien in leer stehenden Läden, die offenen Garagen gleichen. Ohne Türen, Fenster, ohne Schutz vor Wind und Kälte.

Ich selbst war nicht im Dienst als ihr Vater Iman zu uns brachte. Ein Pfleger, der half, sie in Empfang zu nehmen, erzählte mir Stunden später, was passiert war. Iman war seit Tagen erkältet und fiebrig gewesen und hatte über Nacht Atemnot bekommen. Im Morgengrauen schlang der Vater eine Decke um sie und machte sich durchs Schneetreiben auf den Weg zu uns. Zwei Stunden lief er durch die Kälte, klammerte das Kind an sich und versuchte, es mit seinem Körper zu wärmen.

Meine Kollegen mussten das Mädchen fast mit Gewalt aus seinen Armen lösen. Unter der Decke trug sie nur einen dünnen Schlafanzug. Ihre Haut war kalt, aus aufgerissenen Augen starrte sie ins Leere. Sie war tot, wahrscheinlich schon seit über einer Stunde. Aber der Vater dachte, wir könnten sie noch retten.

Als meine Kollegen ihm sagten, dass sie nichts mehr tun konnten, brach er zusammen. Dann nahm er sie und lief weinend davon. Was aus ihm geworden ist, wissen wir nicht.

Als ich von Imans Tod erfuhr, habe ich mir sofort die Sterbe-Akte durchgelesen. Zehn Minuten später saß ich am Computer. Ich war aufgewühlt, ich wollte der Welt sofort berichten, was passiert war. Meine Follower kennen das. Seit Jahren berichte ich ihnen über meine Erlebnisse als Arzt im Krieg. Das Bild des fahlen Gesichts, das aus der Decke herausschaut, hat ein Kollege gemacht. Wahrscheinlich ohne viel nachzudenken. Wir sehen dem Tod doch täglich ins Auge. Über Facebook hat sich das Foto des erfrorenen Mädchens in alle Welt verbreitet. Es wurde zum Symbol der Tragödie in Nordwest-Syrien. Darunter schrieb ich: ,Schande über uns alle, die wir in unseren warmen Stuben sitzen.‘ Alle, die wissen, was hier vor sich geht, und trotzdem nichts tun, tragen Mitschuld an ihrem Tod.“

Muna, 39, Rettungssanitäterin der syrischen Hilfsorganisation „Weißhelme“

„Jetzt sind sogar wir Helfer ausgebombt. Eineinhalb Jahre lang habe ich in Ariha im Süden von Idlib für die ‚Weißhelme‘ gearbeitet. Wann immer es in der Nähe einen Luftangriff gab, sind wir hingefahren und haben versucht, die Überlebenden zu retten. Ich hatte mich daran gewöhnt, in die Richtung zu fahren, aus der andere Menschen panisch wegrennen. Dieser Geruch nach Staub und Blut an den Einschlagsorten machte mir nichts mehr aus. Anfang Januar bin ich dann sogar zur Leiterin des Frauenteams der lokalen ‚Weißhelme‘ ernannt worden. Doch keine vier Wochen später war alles vorbei. Assad eroberte Ariha zurück, und wir mussten fliehen.

Jetzt wohnen mein Mann, unsere vier Kinder und ich mit vier anderen Familien in einer Wohnung in Idlib-Stadt. Zwei Zimmer für 26 Menschen. Eine Küche gibt es nicht. Aber im Vergleich zu vielen anderen Flüchtlingen geht es uns sehr gut.

Eine Szene aus den letzten Wochen in Ariha geht mir nicht aus dem Kopf. Nach einem russischen Luftangriff half ich im lokalen Krankenhaus aus. Ein Arzt legte mir einen kleinen Jungen in den Arm. Er war tot. ,Zu wem gehört er?‘, fragte ich den Arzt. ,Ich weiß es nicht, niemand kennt ihn‘, sagte er. Ich bin dann stundenlang durchs Krankenhaus gelaufen und habe alle Leute gefragt, ob sie wissen, wer dieser Junge ist. Am Ende stellte sich heraus: Seine gesamte Familie war bei dem Angriff gestorben, aber nur er war ins Krankenhaus gebracht worden. Irgendwann kam jemand und trug ihn in die Leichenhalle.

Muna arbeitet als Rettungssanitäterin
Bis sie aus Ariha fliehen musste, arbeitete Muna (r.) als ­Rettungssanitäterin für die Hilfsorganisation „Weißhelme“. Nun unterrichtet sie Flüchtlingskinder in einer Unterkunft in ­Idlib-Stadt
© Aref Tammawi

Ich setzte mich auf einen Stuhl und brach in Tränen aus. Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu weinen. Ich habe schon viel gesehen. Verletzte Kinder, tote Kinder, Kinder, die ein Granatsplitter in zwei Hälften zerteilt hat. Trotzdem berührte mich das Schicksal dieses Jungen so sehr. ‚Nach den anderen Toten fragt wenigstens noch jemand‘, dachte ich. ‚Aber er hat niemanden, der ihn vermisst. Vielleicht erfahren wir nicht einmal, wie er heißt.‘

Die Begegnung verfolgt mich bis heute. Oft sehe ich beim Einschlafen sein Bild vor mir. Ich versuche, stark zu bleiben. Aber alles ist so furchtbar. Ob wir morgen Abend oder nächste Woche noch leben oder schon tot sind – niemand weiß es. Trotzdem bin ich froh, immer noch in Syrien zu sein. Ich hoffe, dass es endlich Frieden gibt. Es reicht, es reicht.“

Alaa Aljaleel, 45, Tierschützer

„Wenn die Menschen fliehen, bleiben ihre Tiere zurück. Sie haben niemanden, also kümmere ich mich um sie.

Mit den Katzen fing alles an, damals, als ich noch in Aleppo lebte, meiner Heimatstadt. Manche wurden bei mir abgegeben, manche liefen mir zu. Irgendwann waren es fast 200. Als der Fotograf Hosam Katan eine Reportage über mein Tierheim im Krieg veröffentlichte, wurde ich über Nacht berühmt. Zeitungen in aller Welt druckten Geschichten über den ,Catman of Aleppo‘. Seither unterstützen mich Menschen von überallher mit Spenden. Mit ihrer Hilfe konnte ich das Tierheim neu aufbauen, als das Assad-Regime Aleppo zurückeroberte.

„Katzenvater von Aleppo“
Als „Katzenvater von Aleppo“ ist der Tierschützer Alaa Aljaleel weltbekannt. Gerade evakuiert er sein Tierheim – zum zweiten Mal
© Aref Tammawi

Nun fliehen wir erneut. Vergangenes Wochenende hat die syrische Armee Kafr Naha eingenommen, das Dorf westlich von Aleppo, in dem mein zweites Tierheim stand. Zum Glück hatte ich meine Tiere in den vergangenen Wochen schon evakuiert. Während die Bomber am Himmel entlangjagten, transportierte ich die Tiere ab. Also, alle außer den halbwilden Stromern, die nur zum Fressen vorbeikamen und sich niemals hätten einfangen lassen.

Die Hälfte der Katzen lebt im Moment in einer Mietwohnung in Idlib. Die andere Hälfte habe ich vorübergehend zusammen mit unserem Araberhengst, den fünf Kapuzineraffen, den beiden Eseln, den verletzten Hunden, den Ziegen, Hühnern, Gänsen und Enten auf einer Farm untergebracht. Aber dort sollen die Tiere nicht lange bleiben, denn auch dort fallen Bomben.

Bitte helfen Sie den Menschen in Idlib. Wir leiten Ihre Spende weiter. IBAN DE90 2007 0000 0469 9500 01 BIC DEUTDEHH – Stichwort: "Idlib", oder online auf www.stiftungstern.de

Vorige Woche habe ich im äußersten Norden von Idlib ein großes Grundstück gemietet. Es liegt nur 300 Meter von der türkischen Grenze entfernt, sicherer ist es nirgendwo hier. Dort laufen jetzt die Bauarbeiten für ein neues, größeres, schöneres Tierheim. Das Geld dafür bekomme ich von meinen treuen Unterstützern im Ausland. Fast 15.000 Euro haben sie diesen Monat schon über meine Crowd-Funding-Seite im Internet gespendet.

Mit dem Geld will ich aber nicht nur die Tiere retten, sondern auch Menschen helfen. Neben dem neuen Tierheim soll eine Akademie für syrische Waisenkinder entstehen, mit Schule, Kindergarten und Spielplatz. Schon in Aleppo und Kafr Naha habe ich mit den Spenden der Tierfreunde auch einen Kindergarten und eine Gesundheitsstation betrieben, Waisen und Halbwaisen unterstützt. Über 100 kamen regelmäßig zu mir. Meine Helfer und ich haben ihnen beigebracht, sich um die Tiere zu kümmern. Inmitten von Tod und Zerstörung tat ihnen die Nähe zu den Tieren gut.

Ich weiß, manche finden es merkwürdig, dass ich so viel Aufwand für die Tiere treibe, wo doch gerade so viele Menschen Not leiden. Ich sage dann: ,Wer Mitleid mit den Menschen hat, hat auch Mitleid mit den anderen Kreaturen.‘ Kinder und Tiere: Für mich sind sie die unschuldigen Opfer des Krieges.“

Erschienen in stern 09/2020

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