Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hat den Tod ihres Anführers bekanntgegeben. Abu al-Hussein al-Husseini al-Kuraschi sei bei "direkten Kämpfen" mit der früher zu Al-Kaida gehörigen dschihadistischen Gruppe Hajat Tahrir al-Scham in der syrischen Provinz Idlib getötet worden, sagte ein IS-Sprecher in einer Audiobotschaft, die am Donnerstag im Online-Dienst Telegram verbreitet wurde. Zum Todeszeitpunkt machte der Sprecher keine Angaben. Abu al-Hussein al-Husseini al-Kuraschi war der vierte Anführer des IS seit dessen Gründung.
Zum Nachfolger des getöteten Anführers und fünften IS-Chef wurde dem Sprecher zufolge ein Mann namens Abi Hafsan al-Haschimi al-Kuraschi ernannt, berichteten die Nachrichtenagenturen AFP, DPA und Reuters übereinstimmend. Zudem gebe es einen neuen Sprecher für den IS, der bisherige Sprecher sei in Gewahrsam türkischer Behörden.
Der IS hatte die neue Führungsrolle für Abu al-Husain al-Husaini al-Kuraischi vergangenen November verkündet. Dieser blieb bis zu seinem nun erklärten Tod aber eine gesichtslose und mysteriöse Figur an der Spitze der Terrormiliz. So veröffentlichte der IS etwa keine Audiobotschaften von ihm.
Al-Kuraischi nach Angaben der Türkei bereits im April "neutralisiert" – IS spricht von "Lüge"
Unklar blieb auch, wer hinter dem Kampfnamen steckte. Experten mutmaßten, dass sein Vorgänger, der dem IS zufolge "im Kampf getötet" wurde, sogar noch am Leben sei. IS-Experte Hassan Hassan sprach von einer möglichen Taktik, um mit einem vorgetäuschten Tod des Anführers den Druck durch Geheimdienste und Sicherheitskräfte zu verringern.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am 30. April erklärt, dass der türkische Geheimdienst Abu al-Husain al-Husaini al-Kuraischi bei einem Einsatz in Syrien "neutralisierte" habe. Damit war wohl dessen Tötung gemeint. In der Audiobotschaft des IS wurde die Darstellung Erdogans jetzt als "Lüge" bezeichnet. Die Türkei hält Gebiete im Norden Syriens besetzt und geht mit Militäraktionen dort vor allem gegen die syrische Kurdenmiliz YPG vor.

IS-Gründer Abu Bakr al-Bagdadi 2019 getötet
Zuvor waren bereits drei Anführer des IS getötet worden. Miliz-Gründer Abu Bakr al-Bagdadi wurde 2019 bei einem US-Einsatz getötet. Sein Nachfolger Abu Ibrahim al-Kuraschi wurde im Februar 2022 ebenfalls bei einem Einsatz des US-Militärs getötet. Dessen Nachfolger Abu Hassan al-Haschimi al-Kuraschi wurde wiederum im November 2022 getötet.
Der IS hatte 2014 große Teile Syriens und des Irak unter seine Kontrolle gebracht, diese Gebiete aber unter dem militärischen Druck einer US-geführten Koalition nach und nach wieder verloren. Auf dem Höhepunkt seiner Macht reklamierte der IS eine Reihe tödlicher Anschläge in Europa für sich. 2019 verkündeten die USA die Tötung des damaligen IS-Chefs Abu Bakr al-Baghdadi bei einem Einsatz im Nordwesten Syriens.
Während das selbsternannte "Kalifat" des IS in Syrien und im Irak als besiegt gilt, konnte der IS seinen Einfluss in anderen Teilen der Welt ausweiten, etwa in der Sahelzone, in Nigeria und in Afghanistan.
Hinweis: Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert. Im 5. Absatz wurde das Datum (April statt Mai) korrigiert.