Ukraine Offener Brief der "Emma": "Quält mein Gewissen" – erste Intellektuelle distanziert sich

Katja Müller-Lange bei einer Lesung.
Katja Müller-Lange bei einer Lesung.
© Imago Images
Ein Offener Brief der Zeitschrift "Emma" hatte in der letzten Woche für Aufsehen gesorgt. Intellektuelle hatten Olaf Scholz darin aufgefordert, keine schweren Waffen an die Ukraine zu liefern. Eine der Unterzeichnerinnen distanziert sich nun.

Katja Müller-Lange ist Schriftstellerin, Intellektuelle – und in dieser Rolle auch Unterzeichnerin eines umstrittenen Offenen Briefs an Bundeskanzler Olaf Scholz. Im Brief der "Emma" hieß es unter anderem, dass die Lieferung "großer Mengen schwerer Waffen [..] Deutschland selbst zur Kriegspartei machen" könnte. Eine Behauptung, die von der Bundesregierung bestritten wird.

Besonders stark wurde an dem Brief zudem eine weitere Passage kritisiert: "Wir warnen vor einem zweifachen Irrtum: Zum einen, dass die Verantwortung für die Gefahr einer Eskalation zum atomaren Konflikt allein den ursprünglichen Aggressor angehe und nicht auch diejenigen, die ihm sehenden Auges ein Motiv zu einem gegebenenfalls verbrecherischen Handeln liefern." Im Klartext: Wer die Ukraine in der Verteidigung gegen einen unbegründeten Angriffskrieg Russlands unterstützt, macht sich damit in den Augen der "Emma" selbst zum Kriegstreiber – und verursacht selbst einen Atomkrieg.

Brief zu Ukraine-Krieg: 26 Erstunterzeichner:innen

Den Brief unterschrieben insgesamt 26 Erstunterzeichner:innen, darunter Prof. Dr. Harald Welzer, Ranga Yogeshwar, Dieter Nuhr und Lars Eidinger. Müller-Lange wendet sich in einem Gastbeitrag für die "SZ" nun allerdings gegen den Brief – nicht wegen der öffentlichen Kritik, sondern weil der Brief "ihr Gewissen quäle".

Unterschrieben habe sie den Brief, da sie, 1951 in Ostberlin geboren, selbst große Angst vor der Bedrohung gehabt habe. Gefürchtet habe sie "Russen: Putin, Lawrow, Patruschew, Bortnikow ..., die es verstehen, unsere Ängste, die alten und die neuen, zu instrumentalisieren und zu einer wirksamen Waffe zu machen".

Bei einem dreitägigen Besuch in Estland sei ihr nun aber klar geworden: "Es wäre wohl ehrlicher gewesen, wenn ich mich, privat oder "öffentlich", darauf beschränkt hätte, meine Angst einfach zuzugeben - oder sie eben schamhaft zu verschweigen." Beeindruckt habe sie dabei vor allem das Zusammentreffen mit einem Esten, den sie nach seiner eigenen Angst vor Russland gefragt habe. Seine Antwort: "Natürlich haben wir Angst, aber wir unterstützen die Ukraine. Obwohl wir die Russen fürchten – oder gerade deswegen."

Quellen: "SZ" (paid)

tvm