Müntefering Arbeitslose sind Merkel egal

Die SPD verschärft den Ton. Die große Zahl der Arbeitslosen in Deutschland sei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) egal, sagte SPD-Chef Franz Müntefering in einem Interview. Wichtig sei ihr nur ihre eigene Karriere.

SPD-Chef Franz Müntefering hat einen harten Wahlkampf um das Thema Arbeit angekündigt und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dabei persönlich angegriffen. "Die große Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist ihr egal", sagte er der "Bild am Sonntag". "Frau Merkel und die FDP weigern sich jedenfalls, ein Konzept für die Schaffung von Arbeitsplätzen auf den Tisch zu legen. Das ist ignorant. Das lassen wir nicht durchgehen. Frau Merkel wird sich der Herausforderung nicht weiter entziehen können."

Müntefering warf ihr vor, sich vor allem für ihre eigene Karriere zu interessieren. "Frau Merkel hat von Anfang an eine Politik unter der Maßgabe gemacht: Was muss ich tun, damit ich Kanzlerin bleibe? Sie hat nicht zuerst gefragt: Was ist gut und nötig fürs Land?"

Mit scharfen Worten warnte der SPD-Chef zudem vor einer schwarz-gelben Regierung nach der Bundestagswahl: "Was die FDP will, wird die Union bei Schwarz-Gelb alles mitmachen, siehe Steuersenkungen ganz oben, weniger Kündigungsschutz, kein Mindestlohn, Atomkraft." Die Steuernachlässe würden den Staat handlungsunfähig machen. "Dann kämen Rente und Krankenversicherung ins Schleudern und es gäbe kein Geld für Bildung, Infrastruktur, Forschung und Entwicklung", sagte Müntefering. Für die SPD bliebe hingegen der Sozialstaat zentral.

Ende der Finanzkrise nicht in Sicht

Unterdessen hat die Bundeskanzlerin vor voreiligen Spekulationen über ein Ende der Finanzkrise gewarnt. Es sei "unseriös, dafür eine Jahreszahl festzulegen", sagte sie dem Nachrichtenmagazin "Focus". "Wir werden aber ganz sicher den größten Teil der nächsten Legislaturperiode damit zu tun haben, die Auswirkungen dieser heftigen weltweiten Rezession zu bewältigen, um am Ende stärker aus der Krise hervorzugehen, als wir hineingegangen sind." Die Regierungschefin vertrat dabei die Auffassung, die internationale Krise sei "nicht nur der schwerste wirtschaftliche Einbruch in 60 Jahren Bundesrepublik, sondern auch die erste gesamtdeutsche Erfahrung einer Krise".

Es komme jetzt darauf an, wann und wie stark sich die einzelnen Branchen erholen könnten. "Entscheidend ist, dass wir ein Klima für Wachstum schaffen, denn Wachstum schafft Arbeit", betonte sie. Mit Blick auf die Auswirkungen auf die Beschäftigung zeigte sie sich zurückhaltend: "Wir haben die Talsohle erreicht, aber wir wissen noch nicht, wie sich wichtige Exportländer entwickeln werden, und wir kennen noch nicht alle Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt."

Die bisherige Krisen-Bewältigung der Bundesregierung bewertete Merkel selbstbewusst: Sie sei “überzeugt, dass wir seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise die richtigen Maßnahmen ergriffen haben“. Dadurch habe man eine gewisse Stabilisierung und erstmals wieder ein ganz leichtes Wachstum von 0,3 Prozent erreicht.

Kaum Chancen für Steinmeier

Trübe Aussichten gibt es dagegen für SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. Er hat zu Beginn der heißen Wahlkampfphase nach Überzeugung einer überwältigenden Mehrheit der Deutschen kaum noch Chancen, die Wahl zu gewinnen. Nur noch neun Prozent der Bundesbürger rechneten damit, dass Steinmeier tatsächlich Bundeskanzler werde, berichtet "Bild am Sonntag", die sich dabei auf eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid stützt. 83 Prozent der Bundesbürger erwarteten hingegen einen Wahlerfolg Merkels. Dies bedeute für Steinmeier einen Absturz um sechs Prozentpunkte im Vergleich zur Vorwoche. Merkel habe im Vergleich zur Vorwoche sechs Punkte hinzugewonnen.

DPA · Reuters
DPA/Reuters