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Trumps Chefstratege Warum Steve Bannon über ein Interview stolpern könnte, das er gar nicht geben wollte

Stephen Bannon: Chefstratege von Donald Trump
Ultrarechts und umstritten: Stephen Bannon
© Brendan Smialowski/AFP
Diese Woche könnte womöglich die letzte von Steve Bannon im Weißen Haus werden. Denn Donald Trumps Chefstratege hat ein Interview gegeben, das für alle Beteiligten überraschend kam - Bannon inklusive.

Nur noch etwas warten und vielleicht ein wenig hoffen. Dann, dachte man, sei man ihn los. Lange galt Steve Bannon als jener Mann, der die Strippen zieht im Weißen Haus. Trumps Chefstratege, sein Einflüsterer, "der große Manipulator", nannte ihn im Februar das "Time"-Magazin und hievte Bannon aufs Cover, samt diabolisch anmutender Denkerpose.

Doch schon seit Monaten scheint Bannons Einfluss im Weißen Haus zu schrumpfen, nach Charlottesville glaubte man ihn gebrochen: "Bannon hängt in der Luft", schrieb am Montag die "New York Times". Raus mit ihm, fordere Trumps oberster Sicherheitsberater McMaster, so die "Times". Raus mit ihm, forderten Trump-Tochter Ivanka und ihr Mann Jared Kushner, so der britische "Guardian". Jetzt, nachdem Trump die Rechtsradikalen von Charlottesville endlich verurteilt hatte, was sollte der Präsident dann noch mit einem Mann wie Steve Bannon, einem Mann, der wie niemand sonst im Team Trump am rechten Rand steht? Nur noch etwas warten, vielleicht ein wenig hoffen, glaubte man am Dienstag. Diese Woche sollte die womöglich letzte von Steve Bannon im Weißen Haus werden. 

Steve Bannon: Anruf beim Journalisten

Dieser Dienstag scheint mittlerweile unendlich lange her zu sein. In der Zwischenzeit ist der Präsident im Trump Tower, Manhattan wieder vor die Mikrofone getreten, wieder hat er gesprochen, wieder über Charlottesville. Danach war die Welt eine andere. An der Gewalt in Charlottesville seien beide Seiten Schuld. Es war ein bemerkenswertes Statement, das Trump vom Stapel ließ, eines, so berichtet der Blog Axios, das seinem Strategen Bannon wohl ein Lächeln ins Gesicht gezaubert haben könnte: "Steve war stolz, wie Trump dem schreienden Mob an Reportern standgehalten hat", zitiert der Blog eine informierte Quelle, die nicht näher beschrieben wird. Bannon und Trump waren sich nach Wochen der Krise wieder nah, zumindest ideologisch. Der Präsident sprach wie er selbst, Bannon hätte sich wieder sicherer fühlen können, sich zurücklehnen. Stattdessen griff er offenbar zum Telefon.

Der Anruf von Trumps Chefstrategen am Dienstagnachmittag kam für Robert Kuttner überraschend. Der Journalist vertritt, wie sein linksgerichtetes Medium "The American Prospect" , liberale, progressive Ideen und somit solche, mit denen Bannon gemeinhin nichts anzufangen weiß. "Ich hatte vor Kurzem ein Stück über China veröffentlicht, ich schrieb darüber, wie das Land von dem Konflikt zwischen den USA und Nordkorea profitiere. Der Artikel beinhaltete einige beißende Kommentare zu Bannons Boss", schreibt Kuttner in einem aktuellen Stück auf "The American Prospect". Der Journalist vermutete hinter dem Anruf Bannons zunächst offenbar nur eines: "Vielleicht will er mich anschreien?"

Steve Bannon und das Interview, von dem er nichts wusste

Wollte er nicht. Als Bannon bei Kuttner durchklingelte, war er - Zitat Kuttner - "in Hochstimmung" und offenbar voll des Lobes. "Ich denke, Sie und ich sitzen, was China anbelangt, im selben Boot. Sie haben den Nagel absolut auf den Kopf getroffen", zitiert Kuttner Bannon in seinem Stück, das den Titel "Steve Bannon, unrepentant" trägt. Steve Bannon, reuelos. Es ist ein Text, der selbst für seinen Verfasser überraschend kam. "Ich hatte noch nie zuvor mit Bannon gesprochen." Das erste Gespräch zwischen Kuttner und Bannon sollte sich um die Lage der Welt drehen. Einblicke in eine Welt nach Steve Bannon.

Mit China liege man im Handelskrieg, erklärte Bannon im Gespräch, "der wirtschaftliche Krieg mit China ist alles", sagte er, volle Konzentration darauf, forderte er, ansonsten verliere man gegenüber Peking deutlich an Einfluss. Der Konflikt mit Nordkorea? Laut Bannon nur "ein Nebenschauplatz", ohnehin nicht militärisch zu lösen, "vergessen Sie's". Und die weißen Nationalisten, die in Charlottesville mit Hakenkreuzen und Hitlergrüßen aufmarschiert waren, Nazi-Parolen skandiert hatten und wohl für den Tod einer Gegendemonstrantin verantwortlich sind? "Eine Gruppe von Clowns", antwortete Bannon. "Loser". "Randelemente".

Ein Artikel mit nicht absehbaren Folgen

Der "American Prospect"-Artikel dürfte mehreren seiner Protagonisten nicht gefallen. Zum einen: den Ultrarechten. Gerade noch jubilierten sie über Trumps Rückfall in sein berüchtigtes "Beide Seiten trifft die Schuld an der Gewalt in Charlottesville", da zieht Bannon unvermittelt über sie her. Und damit ausgerechnet jener Mann, der von 2012 bis 2016 das rechte Online-Portal "Breitbart" leitete und damit für das Erstarken der antisemitischen und rassistischen Alt-Right-Bewegung mitverantwortlich gemacht wird.

Der nächste Düpierte ist Donald Trump: Der Präsident dürfte es nicht goutieren, wenn sein Chefstratege im Gespräch mit einem linksgerichteten Medium seine eigenen Positionen und seine Autorität untergräbt. Das Verhältnis Trump-Bannon gilt schon einiger Zeit als zerrüttet, Trump stehe zwar inhaltlich hinter Bannon, werfe ihm aber "Leaks" vor, schreibt der Nachrichtenblog Axios. "Wir werden sehen, was mit Herrn Bannon geschieht", sagte Trump auf seiner Trump-Tower-Pressekonferenz am Dienstag. Dass Bannon nun in dem Gespräch mit Journalist Kuttner offen über Streitereien im Weißen Haus sprach - "Es ist ein Kampf. Ich kämpfe hier jeden Tag." - und genauso offen über mögliche Entlassungen - "Ich tausche Menschen im East Asia Defense aus. Ich hole da Falken (Hardliner, d. Red.) rein." - dürfte Trump zumindest irritieren.

Der Dritte im Bunde der Genarrten ist offenbar Steve Bannon selbst. Wie Axios von einigen Vertrauten erfahren haben will, sei sich Bannon beim Gespräch mit Kuttner nicht bewusst gewesen, dass er eben ein Interview gebe. Kuttner schreibt dazu in seinem Artikel: "Die Frage, ob das Gespräch vertraulich ist oder nicht, kam nie auf." Der Fall erinnert an Anthony Scaramucci, Trumps ehemaligen Kommunikationschef, der in einem Gespräch mit einem Journalisten ausfallend und danach nach nur zehn Tagen gefeuert wurde. "Das Gespräch endete damit, dass mich Bannon für die Zeit nach dem Labor Day (am 4. September) ins Weiße Haus einlud, um weiter über China und den Handel zu diskutieren", schreibt Kuttner. "Wir werden sehen, ob er noch da ist." 

pg

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