Eigentlich hatte man sich ja geschworen: Ich nicht! Ich steig nicht auf so ein Kamel! Sieht doch total Bescheuert aus! Spätestens in der Oasenstadt Douz, einem Ausflugsziel am Rand der Sahara, ist der Widerstand verdunstet. Ein paar Runden durch das legendäre Sandmeer möchte jeder drehen. Und zwar an Bord eines dieser sandbraunen Wüstenschiffe, jawohl. In luftiger Höhe, mit rotem Kopftuch und gestreiftem Umhang, als Berber kostümiert. Guckt ja keiner, den man kennt!
Und dann wird die schaukelnde Tour sogar ein Riesenspaß. Auch für Neele und Rieke aus der Generation Arschgeweih, die auf der Busfahrt von Djerba nach Douz unablässig mit digitalen Spielsachen herumfiedelten. Ohne Blick für die Schönheit der mondähnlichen Berglandschaft, in der George Lucas Teile seiner "Star Wars"-Trilogie drehte.
Den Kamelen entkommt keiner, der auf Djerba Urlaub macht. Lässig schlendern sie an der Leine ihrer Führer über den anscheinend endlosen Strand im Nordosten der Insel, wo die meisten Hotelanlagen stehen, keine höher als drei Stockwerke. Kamele verfügen über eine unnachahmliche Art, ihre weichen, sich beim Aufsetzen verbreiternden Füße zu schwingen. Manche Kamelführer behaupten, dass die Tiere überhaupt nur für die Besucher durchgefüttert werden. Die Botschaft, saharasonnenklar: Wenn Sie mein Kamel nicht reiten, muss es womöglich in die Wurst.
Gästezahlen aus Deutschland halbiert
Lange Zeit gehörte das preiswerte Tunesien zu den Selbstläufern. Von Männern, "die aussehen wie Ali Baba und seine Räuber", schwärmte die "Stuttgarter Zeitung" 1974. "Ein Abenteuer", warnte der stern ein Jahr zuvor, lobte aber auch: "Die Leute sind sauber." 1991 strömte eine Million Deutsche in das kleine Land zwischen Libyen und Algerien. 2008 war es nur noch gut eine halbe Million. Andere Billigziele wie die Türkei und Ägypten werben Tunesien Gäste ab. Der Terroranschlag des Jahres 2002 auf die La-Ghriba-Synagoge, bei dem auch 14 Deutsche starben, beschädigte den Ruf der Ferieninsel nachhaltig.
Infos zu Djerba
Reisezeit: ganzjährig. Wärmster Monat: September (23/33 Grad). Kühlster Monat: Januar (10/18 Grad).
Flüge
: ab Deutschland mit Condor, Air Berlin, Tunis Air, ab 250 Euro.
Übernachten
: Gute Resorts (sämtlich allinclusive) sind Radisson Blue, Mövenpick, Riu Palace, Sofitel, LTI Djerba Holiday Beach, Robinson Club, Club Med, Aldiana Djerba. Pauschalreisen mit Tui, Thomas Cook, ITS, Alltours, Schauinsland und anderen Veranstaltern, eine Woche ab 500 Euro.
Dromedarreiten
: Dromedare gibt's überall am Strand für Kurzritte, der Preis ist Verhandlungssache (ab 5 Euro). Wüstenritte werden in Doux angeboten, Dauer 45 Minuten, Festpreis 20 Dinar (ca. 10 Euro). Man nehme besser ein mittelgroßes Tier, auf den großen sitzt man mit weit gegrätschten Beinen.
Auskunft
: Tunesisches Fremdenverkehrsamt, Tel.: 069/297 06 40, www.tunesien.info
Auch wir hatten Djerba nicht mehr so recht auf dem touristischen Radar. Aber nach einem gefühlt drei Jahre langen Winter, der von fünf Minuten Sommer abgelöst wurde, welcher abrupt in einen tristen, kalten Herbst überging, beschlossen wir, das Wetterschicksal in die eigene Hand zu nehmen. Dem Sommer eine Nachspielzeit geben, das geht auf Djerba prima.
Fakt ist: Die Insel brummt - gedämpft, aber vernehmlich. Statt der Deutschen kommen jetzt mehr Franzosen, Italiener, Skandinavier und Touristen aus den Benelux-Ländern (Engländer und Russen fehlen fast völlig). Der feinsandige Strand ist auch in der Nachsaison niemals leer. Längs der "Zone touristique" erstreckt sich ein sonnenüberfluteter, von türkisfarbenem Wasser gesäumter, zehn Kilometer langer Rummelplatz mit den unterschiedlichsten Fahrgeschäften. Segeljollen, Speedboats, Paddelboote, Surfbretter, Gleitschirme, Pferde, Dromedare, Quads, das unvermeidliche Bananen- Schlauchboot - alles in regem Verkehr. Leider auch die hektischen, Kühlwasserfontänen pissenden Jetskis. Ambulante Händler präsentieren ihre Tücher, die sich von selbst in der Meeresbrise entfalten - sehr praktisch.
Fakt ist auch: Djerbas Hotelstandard hat sich stark verbessert. Die Herbergen sind größtenteils gut, manche gar exzellent. Die Oberliga säumt den Hauptstrand Sidi Mahrez im Nordosten. Die Resorts sind teilweise sehr groß und daher selten ausgebucht. Was die Preise niedrig hält, sehr zur Freude der Urlauber. Auch die Mittelklasse von Tunis leistet sich gern mal ein paar Ferientage auf der Insel im Landessüden, obwohl Ferienzentren wie Hammamet und Sousse näher an der Hauptstadt liegen.
324 Sonnentage pro Jahr
"Djerba ist total entspannt", sagt Pedro Quiroga, Direktor des Riu Palace Royal Garden. "Die Leute spüren das." Seine schon Etwas ältere, penibel gepflegte Fünf-Sterne-Herberge mit ihrer marmortrunkenen Eingangshalle ist ein Klassiker bei deutschen und frankophonen Gästen. "Wir haben eine Menge Wiederholer", sagt Quiroga. "Viele treffen sich hier jedes Jahr wieder, das schafft eine gute Atmosphäre."
Fakt drei: Djerba bietet 324 Sonnentage pro Jahr, Sand und Strand satt. Dazu eine ideale Lage für Exkursionen in die Wüste und das Atlas-Gebirge. Djerba-Urlaubern reicht das vollauf. Gestresste aller Stände, die im Urlaub einfach nur kompromisslos faul sein möchten, hier müssen sie kein schlechtes Gewissen haben. Sie verpassen nichts.
Die Höhepünktchen der flachen Insel, halb so groß wie Rügen, lassen sich an einem Vormittag abklappern. Da ist der Hauptort, dessen Name wie "Umzug" klingt und wo montags ein wuseliger Markt stattfindet. Das Töpferdorf Guellala, durch das uralte Peugeots, Renaults und Citroëns röcheln, befeuert durch Schmuggelsprit aus Libyen, der in Kanistern allerorten feilgeboten wird.
Ein Museum, das lokale Bräuche szenisch darstellt. Wie den, die Haut einer Braut mit Zucker und Zitronensaft aufzunorden. Besage doch - so können es Besucher auch auf Deutsch lesen - eine volkstümliche Erfahrung: "Die Weiße findet immer einen Mann, es ist die Braune, die Problem bereitet." Oh geheimnisvolle Welt des Orients! Bei uns ist es ja oft andersrum.