Nicht wie ein Phönix aus der Asche, sondern nach Jahrzehnten aus den Tiefen eines Fjordes in Norwegen ist dieser "Condor" wieder aufgestiegen und nach zwei weiteren Jahrzehnten der Restaurierung in Berlin-Tempelhof gelandet. Eine Armada von Sattelschleppern brachte vergangene Woche das letzte verbliebene Exemplar eines Flugzeuges zu seinem neuen Standort, das in den 1930er Jahren Luftfahrtgeschichte geschrieben hat.
Im Hangar 7 des einstigen Berliner Zentralflughafens werden neben zwei historischen Propellerflugzeugen, einer Douglas C54 und einer Iljuschin IL-14, die einzelnen Segmente, Tragflächen sowie die vier Motoren eines Tiefdeckers zusammengesetzt, einem der ersten viermotorigen Ganzmetallflugzeuge der Welt.
Bei der Focke-Wulf Fw 200 mit dem Beinamen "Condor" – es besteht kein Zusammenhang mit der Ferienfluggesellschaft oder dem Luftwaffenverband der Wehrmacht im Dritten Reich – war ein in Bremen entwickeltes Flugzeug für 30 Passagiere, das für Langstrecken gedacht war.
Nachfolgerin für Zeppeline und Flugboote
Mitte der 1930 Jahre kamen im Transatlantikverkehr noch die legendären Flugboote und Luftschiffe im Einsatz. Doch bei der Landung des Zeppelins LZ 129 "Hindenburg" passierte am 6. Mai 1937 in Lakehurst die Brand- und Absturzkatastrophe, der den Liniendienst für immer beendete.
Nur ein Jahr später gelang der Besatzung einer Fw 200 der Nonstopflug zwischen Berlin-Staaken und New York in einer Rekordzeit von knapp 25 Stunden. Auf dem Rückflug nach Berlin-Tempelhof legte die "Condor" die 6392 Kilometer lange Strecke in 19 Stunden und 55 Minuten zurück. Weitere Rekorde zwischen Berlin, Kairo, Tokio folgten, sowie über den Südatlantik in unter 10 Stunden zwischen Banjul in Gambia und Natal in Brasilien .
Daher gilt die "Condor" als Begründerin einer neuen Generation von Verkehrsflugzeugen. Doch mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden die Flugzeuge im Dienst der alte Lufthansa zu Seefernaufklären und Frachtmaschinen umgerüstet.
Rekonstruktion an mehreren Standorten
Von den 276 jemals bei Focke-Wulf gebauten Exemplaren war bis vor Kurzem kein Exemplar mehr erhalten. Erst bei Sonaraufnahmen 1981 in einem norwegischen Fjord wurde ein Wrack geortet, das dort im Februar 1942 aus technischen Gründen notwassern musste. Alle sechs Personen an Bord konnten gerettet werden.
Nach 57 Jahren im Wasser gelang im Mai 1999 die Bergung der 1941 produzierten Maschine mit der Baunummer 0063 aus 60 Metern Tiefe – allerdings mit signifikanten Strukturschäden. Der norwegische Staat übertrug das Eigentum an das Land Berlin und damit an das Deutsche Technikmuseum Berlin (DTMB) mit seiner bedeutenden Luftfahrtsammlung. Flügelreste einer weiteren in Norwegen abgestürzten Fw 200 wurden 2009 mit einem Hubschrauber vom Kvitanosi-Plateau geborgen und per Lastwagen nach Bremen transportiert.
Team-Arbeit von 150 und Luftfahrt-Enthusiasten
2001 begann der Wiederaufbau des Rumpfes, der Flügel und Sternmotoren, eine Projektpartnerschaft, an der sich die Firmen Airbus Operations Bremen, Rolls-Royce Deutschland sowie Lufthansa Technik in Hamburg und bis zu 150 und Luftfahrt-Enthusiasten beteiligten, darunter viele pensionierte Flugzeugtechniker- und Ingenieure im Alter zwischen 63 und 93 Jahren.
Das Ziel der Restaurierung fasste Holger Steinle, bis 2013 Leiter der Luft- und Raumfahrtabteilung des DTMB, bei einer Besichtigung der Arbeiten an den Flügeln in Bremen wie folgt zusammen: "Wir werden nicht fliegen, wir werden aber rollen".
Nach fast 20 Jahren Rekonstruktion, ohne dass auf ehemalige Baupläne oder Wartungsdokumente des Flugzeugtyps zurückgegriffen werden konnte, steht das Werk nun vor dem Abschluss. Auf fünf Schwerlasttransportern und sechs Lkw gelangten die transportfähige Baugruppen der Focke-Wulf Fw 200 zum Hangar 7 in Berlin Tempelhof. 20 Experten endmontieren in den nächsten Monaten das wichtige Stück deutscher Technikgeschichte mit einer Länge von 23,85 Metern und einer Spannweite von 32,84 Metern.
Das DTMB hat mit der Tempelhof Projekt GmbH eine Kooperationsvereinbarung für die Unterstellung und Präsentation der Maschine geschlossen. "Wir wollen die Maschine der Öffentlichkeit zugänglich machen", verspricht eine Pressesprecherin. Spätestens im nächsten Jahr sei es soweit.
Quellen: https://fw200-restaurierung-bremen.de, https://technikmuseum.berlin, www.thf-berlin.de/tempelhof-projekt-gmbh
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