In der Bundesliga wird an diesem und am kommenden Spieltag Abschied genommen. Einige Spieler beenden ihre Karriere, andere wechseln den Verein, auch Trainer oder Manager denken über Angebote anderer Clubs nach. Und dann ist da noch die Hertha, die einen der unnötigsten Abstiege der Bundesliga-Geschichte wohl nicht wird abwenden können.
In der Vorschau auf den 33. Spieltag hält es unsere Redaktion mit den Toten Hosen darum sagen wir: Auf Wiedersehn. Ob Señor Raúl mehr vermisst wird als ein Michael Ballack, kann jeder Leser für sich entscheiden.
1) Tschüss sagen kann man so und so
Mit Raúl (34) und Ballack (35) verlassen zwei absolute Weltstars die Bundesliga. Beide haben noch keine Entscheidung über ihre Zukunft getroffen, den einen zieht es aber wohl nach Katar, Ballack möchte seine Karriere gerne in den USA ausklingen lassen. Was die beiden noch unterscheidet, ist die Art und Weise, wie ihre Clubs im letzten Heimspiel der Saison den Abschied zelebrieren werden.
Auf Schalke sind zwar alle bemüht, die sportliche Bedeutung des Spiels gegen Hertha BSC in den Vordergrund zu stellen, aber Raúl wird eine Welle der Sympathie entgegenschlagen. Auf den LED-Werbebanden wird Raúl das gesamte Spiel über gehuldigt. Nach dem Spiel wird im Mittelkreis eine Bühne aufgebaut, als besonderes Geschenk wird es zudem nach der Saison ein Raúl-Abschiedsbuch geben, in dem Fans ihre persönlichen Grüße loswerden können. Bislang sind schon über 3000 Grußnachrichten aus der ganzen Welt eingetroffen.
Ballack wiederum wird wohl zunächst auf der Bank Platz nehmen müssen. "Ich denke, jetzt sind sportliche Sachen wichtig für uns", machte Trainer Sami Hyypiä Ballack wenig Hoffnung auf einen Startelf-Einsatz. Leverkusen will gegen Hannover Platz sechs verteidigen und wenn möglich sogar Rang fünf angreifen. Eine Uhr und Blumen wird Ballack vor dem Spiel trotzdem erhalten, eine Liebesbeziehung ist es zwischen Bayer und Ballack schon länger nicht mehr.
Daneben rücken andere Abschiede von der Bundesliga etwas in den Hintergrund. Hans-Jörg Butt (37) beendet seine Karriere und wird beim FC Bayern Jugendkoordinator. David Jarolim (32) und Mladen Petric (31) verlassen den HSV, ohne zu wissen, wohin die Reise gehen wird. Kult-Schalker Hans Sarpei (35) denkt auch über ein Karriereende nach, welches der Bremer Tim Borowski (31) nach langer Verletzungspause gerne vermeiden möchte. Hasan Salihamidzic (35) hat wohl keine Zukunft in Wolfsburg, egal wie der Trainer in der kommenden Saison heißen sollte.
2) Magath und Schmadtke vor dem Abflug?
Denn ob Felix Magath auch im nächsten Jahr bei den Wölfen auf der Bank sitzen wird, ist nicht sicher. Gegenüber Sport 1 dementierte Magath zwar, dass er sich einen Wechsel zu Tottenham Hotspur vorstellen könne, seine Aussagen in der Wolfsburger Allgemeinen Zeitung klingen aber nicht ganz so eindeutig:
"So etwas würde mich ehren, wenn so ein toller Klub wie Tottenham Interesse hätte. Aber ich weiß von keinem Interesse, außerdem spielt das für mich jetzt keine Rolle." Die Spurs rüsten sich gerade für den möglichen Abgang von Trainer Harry Redknapp, der weiterhin als Favorit auf den Posten des englischen Nationaltrainers gilt. Auch 2009 rechneten nur wenige in Wolfsburg mit dem vorzeitigen Abgang Magaths, zudem galt ein Job im Ausland lange Zeit als ein erklärtes Ziel Magaths.
Wesentlich ernster ist die Lage beim Nordrivalen Hannover 96. Zwischen Trainer Mirko Slomka und Sportdirektor Jörg Schmadtke hat es in der Vergangenheit schon öfter geknistert, nun hat Schmadtke nach Informationen der Bild-Zeitung um die Auflösung seines Vertrags gebeten. "Ja, wir haben ein Vier-Augen-Gespräch geführt", bestätigte 96-Boss Martin Kind. "Sein Ziel war eine Vertrags-Veränderung."
Neben den internen Problemen soll es Schmadtke auch um private Sorgen gehen, seine Familie wohnt weiterhin in seiner Heimat Düsseldorf. Wer eins und eins zusammenzählen kann, der sieht Schmadtke in der kommenden Saison beim 1. FC Köln. Die neue Führung um Präsident Werner Spinner will einen neuen Sportdirektor und Schmadtke gilt als Topfavorit. Er selbst dementiert allerdings: "Ich habe keinen anderen Verein", versicherte Schmadtke. "Da ist mit meinem Namen Politik gemacht worden." Klingt trotzdem nach Abschied, aber genau darum soll es heute ja auch gehen.
3) Der frühe Favre fängt keinen Wurm
Anders als bei Raúl und Ballack gibt es auch einige Spieler (Mathieu Delpierre, Ivica Olic, Philipp Wollscheid), die schon bei einem neuen Club in der Bundesliga unterschrieben haben, obwohl die ganz großen Transferaktivitäten erst nach der EM erwartet werden. Ein paar Tränen wird es deshalb im Borussia-Park in Mönchengladbach geben. "Diese fantastische Saison endet für uns auch mit einem weinenden Auge", sagte Sportdirektor Max Eberl vor der Partie gegen den FC Augsburg. "Denn wir müssen uns von Spielern verabschieden, die in den vergangenen Jahren Großartiges für die Borussia geleistet haben."
Namentlich sind das Marco Reus (Borussia Dortmund), Roman Neustädter (Schalke 04) und Dante, der erst vor wenigen Stunden seinen Wechsel zum FC Bayern bekannt gegeben hat. Damit stehen der Borussia über 20 Millionen Euro zur Verfügung doch was macht man mit so viel Geld? Die Gladbacher und vor allem Trainer Lucien Favre tun sich schwer, die richtigen Nachfolger zu finden. So soll Dortmunds Felipe Santana verwundert über die zögerliche Haltung Favres sein, bei Granit Xhaka und dem FC Basel steht eine finanzielle Einigung noch aus.
Vergleiche zu Favres Zeit bei Hertha BSC liegen auf der Hand, bei den Berlinern stockte die Weiterentwicklung des Kaders nach der nur knapp verpassten Meisterschaft 2009 ebenfalls. Der damalige Manager Dieter Hoeneß ließ laute Bild-Zeitung kein gutes Haar an seinem unsicheren Trainer: "Der würde im Supermarkt verhungern, weil er sich nicht zwischen Wurst und Käse entscheiden könnte." Apropos Hertha...
4) Hertha BSC: Ein beispielloser Absturz
Abschied genommen werden muss auch von Hertha BSC. Der Hauptstadtclub kann sich theoretisch noch über die Relegation retten, aber auf Schalke werden die Berliner kaum gewinnen können und in Heimspielen geht seit Wochen ohnehin nichts mehr. Über die besondere Rolle von Markus Babbel, der mit Hoffenheim am letzten Spieltag das Schicksal der Hertha besiegeln kann, werden wir wohl in der kommenden Woche berichten.
Die These, dass mit Babbel dieser Absturz nicht passiert wäre, ist so spekulativ wie nachvollziehbar. Nach dem 11. Spieltag stand Hertha mit 16 Punkten im sicheren Mittelfeld und zeigte unter Babbel zum Teil sehr ansehnliche Leistungen. Was folgte war eine viel zu öffentlich ausgetragene Debatte über den neuen Babbel-Vertrag, am Ende entschied sich Manager Michael Preetz für den Rauswurf Babbels eine fatale Fehleinschätzung.
Nun droht Hertha auch noch ein Ausverkauf, der Kader wird nicht wie noch vor zwei Jahren zusammenbleiben, um den Abstieg auszubügeln. Nach Informationen der BZ wollen Raffael, Thomas Kraft, Christian Lell, Andreas Ottl und Adrian Ramos den Club verlassen. Wenn der eine oder andere nach Hoffenheim zu Babbel wechseln sollte, spricht man wohl von einem geschlossenen Kreis.
5) Die Hoffnung stirbt zuletzt
Es gibt aber auch Spieler, wo der vermeintlich bereits feststehende Abschied zurückgenommen werden könnte oder die Vereine die Hoffnung auf einen Verbleib einfach nicht aufgeben wollen. An erster Stelle sei da Jefferson Farfan genannt. Vor einigen Wochen war ein Verbleib Farfans auf Schalke kaum denkbar, zu verärgert waren die Verantwortlichen über die Forderung nach einem horrenden Handgeld.
Doch das Blatt hat sich gewendet. Manager Horst Heldt hat Gras über die Sache wachsen lassen und die Verhandlungen wieder aufgenommen. "Ich bin sehr optimistisch, dass wir uns einigen", sagte Heldt der Bild-Zeitung. "Farfan bleibt auf Schalke."
Diesen Satz würden in abgewandelter Form auch Klaus Allofs in Bremen und Michael Zorc in Dortmund sagen. Doch sowohl bei Claudio Pizarro als auch bei Shinji Kagawa steht die Entscheidung aus. Zumindest der BVB will sich das aber nicht mehr bieten lassen und hat Kagawa ein Ultimatum bis zum kommenden Montag gestellt. Hier müssen sich die Toten Hosen noch ein wenig gedulden.
Marcus Krämer