Noch ist das Aus von Julian Nagelsmann beim FC Bayern München noch nicht einmal offiziell. Selbst die Pressekonferenz zum Trainerwechsel beim erfolgsverwöhnten Klub aus München ist noch nicht einmal angesetzt. Trotzdem kann man – soweit sich das von außen beurteilen lässt – schon mögliche Gründe für die Ablösung des Bayern-Trainers erahnen.
Die Ergebnis-Krise des FC Bayern München
Im Kalenderjahr 2023 stehen für den FC Bayern fünf Siege, drei Unentschieden und zwei Niederlagen zu Buche. Womit wohl die allermeisten Bundesligisten ziemlich zufrieden sein dürften, genügt den Ansprüchen eines FC Bayern München nicht. Zumal Borussia Dortmund seit dem Jahreswechsel in der Bundesliga neun Siege und ein Unentschieden eingefahren und Bayern an der Tabellenspitze abgelöst hat. Das letzte Spiel vor der aktuellen Länderspielpause ging 1:2 gegen Bayer Leverkusen verloren.
Schon die zurückliegende Saison verlief enttäuschend für die Bayern. Mit dem damals neuen Trainer Nagelsmann holten sie zwar die Meisterschaft, schieden aber bereits in der zweiten Runde des DFB-Pokals aus. In der Champions League besiegelte das spanische Mittelklasseteam FC Villarreal das Bayern-Aus im Viertelfinale. Noch sind die Bayern zwar in allen Wettbewerben vertreten, aber gerade in der Champions League wartet im Viertelfinale Manchester City – ein ganz anderes Kaliber als Villareal. Und im DFB-Pokal ist das Weiterkommen gegen den SC Freiburg auch kein Selbstläufer.
Zu viele Baustellen, Pleiten und Konflikte: ein Rückblick auf Nagelsmanns Zeit bei den Bayern

Umstimmigkeiten mit Sportvorstand Salihamidzic
Nach der Niederlage bei Bayer Leverkusen hatte Sportvorstand Hasan Salihamidzic bereits seinen Unmut geäußert: "Das ist nicht das, was Bayern bedeutet." Er zählte eine ganze Mängelliste auf und stellte sogar die Mentalitätsfrage. "Das war das nicht das, was Bayern München bedeutet", sagte Salihamidzic: "Wir haben alles vermissen lassen. Haben uns von einer Mannschaft, die am Donnerstag noch gespielt hat, überrennen lassen." Auf die Frage, ob er Wut verspüre oder welches Gefühl vorherrsche, antwortete er: "Ich weiß nicht, wie diese Gefühle heißen."
Salihamidzic bemängelte auch indirekt, wie Nagelsmann die Mannschaft eingestellt hatte: "So wenig Antrieb, so wenig Mentalität, so wenig Zweikampfführung, so wenig Durchsetzungsvermögen habe ich selten erlebt", sagte er: "Diese Mannschaft ist so gut, wenn sie von Anfang an eine Mentalität hat und 100 Prozent geht. Und genauso ist sie nicht so gut, wenn sie spielt wie heute. Wenn sie träge ist und denkt, dass sie mit der spielerischen Qualität alles erledigen kann. Das kann sie einfach nicht." Nun dürfte dieser Unmut dazu beigetragen haben, dass Nagelsmann seinen Posten verliert.
Der Rausschmiss von Torwarttrainer Toni Tapalovic
Besonders Bayern-Torwart und -Kapitän Manuel Neuer war so entsetzt über das Aus seines langjährigen Trainers und Freundes Toni Tapalovic, dass er sich in einem Interview kritisch zu seinem Verein geäußert hat. "Für mich war das ein Schlag, als ich bereits am Boden lag. Ich hatte das Gefühl, mir wird mein Herz rausgerissen, das war das Krasseste, was ich in meiner Karriere erlebt habe. Und ich habe wirklich schon einiges erlebt", sagte Neuer im Interview der "Süddeutschen Zeitung". Nagelsmann sagte laut "TZ" über die Gründe für den Tapalovic-Rauswurf: "Alle Verantwortlichen im Klub haben eine Entscheidung getroffen, aufgrund von alltäglichen Dingen, die in der Vergangenheit passiert sind. (...) Das Miteinander ist nie so entstanden, wie wir Verantwortlichen uns das vorstellen." Auch Sportvorstand Hasan Salihamidzic erklärte: "Insbesondere Differenzen über die Art und Weise der Zusammenarbeit haben jetzt dazu geführt, dass wir getrennte Wege gehen". Vielleicht haben doch nicht alle Bayern-Verantwortlichen den Rauswurf so einhellig getragen. Sollte nun Tapalovic zurückkehren, wäre das ein recht eindeutiges Zeichen.
Das Privatleben von Julian Nagelsmann
Während seiner Zeit als Bayern-Trainer hat Julian Nagelsmann eine Beziehung zur damals für den FC Bayern zuständigen "Bild"-Journalistin Lena Wurzenberger begonnen. Das vermeldete die "Bild" als erste Zeitung, nicht ohne den Hinweis, man habe die Journalistin noch am selben Tage "von der Berichterstattung über den FC Bayern entbunden". Nagelsmann will alle Verantwortlichen rechtzeitig über die Beziehung informiert haben. Ob das nun stimmt oder nicht, weiß man allein in der Säbener Straße. Unprofessionell ist die Liaison allemal – und dürfte Nagelsmanns Ansehen in der Bayern-Chefetage geschadet haben.
Der FC Hollywood ist zurück
So oder so ist das Kapitel Julian Nagelsmann beim FC Bayern München wahrscheinlich ein- für allemal beendet. Es wird spannend zu sehen und zu hören, wer vom Bayern-Vorstand sich wie zu Wort meldet. Bislang steht nur fest: Der FC Hollywood ist zurück.