Fragen und Antworten zu Deutschland vs. Portugal Mit Hummels und Gomez gegen Portugal

Von Klaus Bellstedt, Lwiw
Überraschung zum EM-Auftaktspiel der deutschen Nationalmannschaft: Mario Gomez und Mats Hummels stehen für Miro Klose und Per Mertesacker in der Startformation. Weitere wichtige Fragen und Antworten.

Um 20.45 Uhr tritt die deutschen Nationalmannschaft in ihrem ersten EM-Spiel in Lwiw gegen Portugal an (live im stern.de). Damit endet für die DFB-Auswahl eine quälend lange Vorbereitung. Die 3:5-Testspielpleite gegen die Schweiz bleibt in Erinnerung, auch die Verletzung von Bastian Schweinsteiger, die Joachim Löws Vize-Kapitän lange vom Training abhielt. Vom zerstückelten Kader ganz abgesehen. Doch das zählt jetzt nicht mehr. Lahm, Klose, Özil und Co. gehen trotz allem als Mitfavorit in dieses Turnier. Hier sind die die wichtigsten Fragen und Antworten rund um das deutsche EM-Eröffnungsspiel:

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1. Wer spielt im Angriff? Miroslav Klose oder Mario Gomez?

Jetzt hat Joachim Löw die Katze aus dem Sack gelassen: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft startet überraschend mit dem Dortmunder Innenverteidiger Mats Hummels und Bayern-Torjäger Mario Gomez in die Europameisterschaft. Bundestrainer Joachim Löw nominierte das Duo anstelle von Per Mertesacker und Geburtstagskind Miroslav Klose (34) für die Startformation am Abend in Lwiw gegen Portugal.

Rechts verteidigt erwartungsgemäß Jérome Boateng als Gegenspieler von Cristiano Ronaldo. Auch Vize-Kapitän Bastian Schweinsteiger spielt im Mittelfeld von Anfang an. Insgesamt stehen sieben Spieler des FC Bayern München in der Startelf. Alle 23 Spieler sind laut DFB im ersten Gruppenspiel einsatzfähig.

2. Hat der Trubel um Boateng die Vorbereitung gestört? Spielt Hummels?

Joachim Löw war schwer angesäuert ob der nächtlichen Vergnügungstour seines linken Außenverteidigers. Davon konnte man sich im deutschen Quartier eindrucksvoll überzeugen. Als es auf das Thema zu sprechen kam, verfinsterte sich die Mine des Bundestrainers sichtlich. Seine Lippen wurden schmal. Löw setzte zu einem strengen Monolog an: "Dass mir das nicht gefallen hat, was er am Wochenende gemacht, ist klar. Es war seine freie Zeit, aber das von Sonntag auf Montag zu machen, war nicht in Ordnung", sagte der Coach. Boateng hatte sich wenige Stunden vor dem Abflug nach Polen noch mit dem Nacktmodell Gina-Lisa Lohfink in einem Hotel in Berlin amüsiert. Der Spieler habe jetzt eine Bringschuld und müsse sich zerreißen, so Löw weiter. Wer den feinfühligen Bundestrainer kennt, der weiß, wie sehr ihn so etwas stört – noch dazu in der heißen Phase der Vorbereitung auf das Turnier. Mit Boateng und später auch mit der Mannschaft hat Löw über den Vorfall gesprochen. Die Sache dürfte aber jetzt ausgestanden sein. Im Training machte Boateng einen konzentrierten Eindruck, die beiden sprachen viel miteinander. Es besteht wohl auch kein Zweifel daran, dass der linke Außenverteidiger gegen Portugal in der Startaufstellung stehen wird. Löws Gedankenspiel mit Lars Bender, der auf dieser Position überhaupt noch nie gespielt hat, darf als Nebelkerze abgebucht werden. Dafür sickerte nun durch, dass an Boatengs Seite wahrscheinlich doch der Dortmunder Mats Hummels und nicht - wie allgemein erwartet - Per Mertesacker spielen wird. Auch dies wäre eine Entscheidung gegen zuletzt fehlende Spielpraxis, auch hier fehlt aber noch die offizielle Bestätigung.

3. Wie fit ist Bastian Schweinsteiger wirklich?

"Alle Spieler, die gegen Portugal auflaufen wollen, müssen schmerzfrei und in einer guten Verfassung sein", hat Löw noch einmal am Donnerstag gefordert. Über Bastian Schweinsteiger sagte der Bundestrainer, dass dieser "einsatzbereit" sei – für wie lange, verriet Löw aber nicht. Der Bayernstar hat nach den Verletzungsproblemen des vergangenen halben Jahres selber noch kleine Zweifel an der Fitness. "Ich bin immer noch in Behandlung, kann aber ohne Probleme trainieren", erklärte der Mittelfeldspieler, der in den EM-Tests der deutschen Mannschaft gegen die Schweiz und Israel gefehlt hatte. Bei 100 Prozent ist die tragische Figur des Champions-League-Finales also noch nicht. Nach der Logik von Löw müsste Schweinsteiger gegen Portugal zunächst also für Toni Kroos auf der Bank Platz nehmen. Auch wenn es in dieser Mannschaft wegen des ausgeglichenen Kaders immer wieder Härtefälle geben wird. Aufgrund der Führungsqualitäten des Münchners, die gerade in einem psychologisch so wichtigen Eröffnungsspiel gebraucht werden, ist es kaum vorstellbar, dass Löw auf seinen "emotionalen Leader" verzichten wird.

4. Wie soll Cristiano Ronaldo gestoppt werden?

Über niemanden wurde im Vorfeld dieser Partie mehr gesagt und geschrieben als über Portugals Superstar Cristiano Ronaldo. Die deutschen Spieler verdrehten zuletzt nur noch die Augen, wenn sie Fragen zu "CR7" gestellt bekamen. Manuel Neuer raunzte zum Beispiel: "Ja klar hat er einen tollen Schuss, aber den hat Mesut Özil auch." So kann man sich natürlich auch Mut machen. Ronaldo ist derzeit in der Form seines Lebens: In 61 Spielen für Real hat er in der abgelaufenen Saison 63 Tore geschossen, davon allein 46 in der Meisterschaft. Das ist eine furchteinflößende Quote. "Man muss als Mannschaft gegen ihn verteidigen", sagt Philipp Lahm. Das klingt immer so einfach. Schließlich müssen auch die deutschen Spieler ihre Positionen halten. Eine Forderung steht wohl über allem: Nur kein Foul in Strafraumnähe – das könnte zum Geschenk für den Freistoßkünstler werden. Aber Löw will auch mutige Aktionen gegen Ronaldo sehen: "Wir müssen die Passwege zu machen, die gefährlichen Zonen schließen. Es hilft nicht immer zu doppeln. Wir müssen auch im eins gegen eins bestehen." Hier ist in erster Linie Jerome Boateng gefordert. Er wird es auf der rechten deutschen Abwehrseite mit dem dynamischen Tempodribbler zu tun bekommen. Was viele nicht wissen: Boateng ist auf den ersten 30 Metern der schnellste Spieler in der Nationalmannschaft. Seine Fitnesswerte und die Sprungkraft sind überragend. Das sind gute Voraussetzungen gegen Ronaldo.

5. Auf wen müssen Lahm und Co. noch achten?

"Portugal ist eine Mannschaft, die jeden schlagen kann", sagt Joachim Löw. "Sie haben Weltklassespieler, nicht nur Ronaldo." Wohl wahr. Das ist vor allem Nani, Ronaldos Pendant auf der rechten Seite, zu nennen. Wenn der Außenstürmer von Manchester United erst einmal Höchsttempo erreicht hat, ist er kaum noch zu stoppen. Aber Nani rennt nicht nur die Außenlinie permanent auf und ab, er dringt wie Ronaldo immer wieder selbst in den Strafraum ein und sucht den Abschluss. Joao Moutinho ist die Schaltzentrale im Mittefeld der Portugiesen, er lenkt das Spiel und beherrscht wie Özil den tödlichen Pass. Daneben treibt der nimmermüde Dampfmacher Raul Meireles vom Champions-League-Sieger FC Chelsea sein Unwesen. Aufpassen muss die DFB-Auswahl aber auch auf Pepe. Der Abwehrmann von Real Madrid ist nicht nur einer der zweikampfstärksten Verteidiger der Welt, er schaltet sich auch gern mit in die Offensive ein.

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