Obwohl nach Miroslav Klose und dem Bremer Frank Baumann nun auch Christian Kehl für das heutige EM-Testspiel gegen belgien in Köln ausfällt, erteilte Teamchef Völler einen klaren Sieg-Auftrag: "Die auflaufen und reinkommen sollen zeigen, dass sie mit nach Portugal wollen." Die EM-Vorfreude soll nicht weiter getrübt werden, fordert auch Verbands-Präsident Meyer-Vorfelder: "Die Spieler müssen wissen, dass es ein Prestige-Duell ist. Ich erwarte, dass sie sich voll einsetzen. Vor allem die Spieler, die im Moment Schwierigkeiten in ihren Vereinen haben."
Seelentherapie für Kuranyi?
"Wir wollen richtig Gas geben", verspricht Völler, auch wenn ein Einspielen angesichts der Verletztenliste "im Moment unmöglich". Das Spiel sei auch eine Art Seelentherapie für die deutschen Sorgenkinder. Jens Nowotny, Kevin Kuranyi und Fredi Bobic sollen sich gegen die Belgier aus der Krise schießen. Der Ball muss doch einfach wieder mal ins Tor gehen.
"Glück wieder erarbeiten"
Seinem "Angriff ohne Tor" will Völler vor dem Spiel vor allem Ruhe verordnen. "Am besten, man spricht nicht darüber", sagt er aus eigener Erfahrung. Das Einzige, was wirklich helfe, sei ein "klassisches Glückserlebnis". Je früher, desto. Nur so kann ihm eine weitere Minuten-Zählerei erspart werden. Neben dem in der letzten Zeit so glücklosen Kevin Kuranyi soll Paul Freier trotz seiner gebrochenen Mittelhand auflaufen. Er versprüht verbal auf jeden Fall bereits große Kampfeslust: "Wir müssen uns das Glück wieder erarbeiten".
Ihm zuseite steht eine Mannschaft, die in der Formation noch nie miteinander gespielt hat und wohl auch nie mehr spielen wird. Hinten bilden Arne Friedrich, Christian Wörns - zum zweiten Mal von Beginn an als Kapitän - sowie der in Leverkusen zurückgestufte Nowotny und Philipp Lahm die Viererkette. Im Mittelfeld will Völler das erprobte WM- Dreieck mit Dietmar Hamann, Michael Ballack und Bernd Schneider wieder beleben. Dazu kommt ein zentral wirkender Torsten Frings.
Seine Fußball-Exzellenz glaubt an Völler und - einen Pfarrer
Aus dem Kreis der üblichen Verdächtigen ist jeder überzeugt, dass Rudi Völler vor der EM die "Stürmer-Krise" und sonstige Probleme in den Griff bekommt. "Ich habe noch keine Situation erlebt, in der es keine Probleme gab. Das kriegt der Rudi schon hin", verkündete Mayer-Vorfelder optimistisch.
Franz Beckenbauer übermittelte via "Westdeutsche Zeitung" rechtzeitig vor dem fünftletzten EM-Test, dass er dem Völler-Team bis zur EM-Endrunde eine Gesundung zutraut: "Es ist alles möglich - bis hin zur erneuten Finalteilnahme."
Dass Beckenbauer zugleich vorschlug, einen Pfarrer mit nach Portugal zu nehmen, empfand Völler nicht als hilfreich: "Das ist kein Humbug", meinte der Teamchef. Einen Seelsorger im EM-Quartier hält er aber nicht mehr unbedingt für zeitgemäß. "Das sollen die Spieler selbst entscheiden."
Jetzt müssen sie nur noch gewinnen - ob mit oder ohne Gottes Segen.