Fußball-Länderspiel Brasilien vor Augen, Spanien im Hinterkopf

Zum Auftakt der EM-Saison gibt es gleich einen Fußball-Leckerbissen: Deutschland fordert Rekordchampion Brasilien heraus. Im Hinterkopf hat Bundestrainer Joachim Löw jedoch einen ganz anderen Gegner.

Mit dem Testspiel-Kracher gegen Brasilien Mittwoch, 20.45 Uhr/ARD) läutet Fußball-Bundestrainer Joachim Löw die EM-Saison ein, an deren Ende im Sommer 2012 der ersehnte Titel stehen soll. Das brisante Duell mit dem Rekordchampion ist dabei ein erster wichtiger Stresstest. "Ziel ist es, bei der Europameisterschaft perfekten Fußball zu spielen und jede Mannschaft zu schlagen", gab Bastian Schweinsteiger selbstbewusst das ultimative Ziel aus.

Löw setzt seinen Erneuerungskurs auch gegen die Selecao fort. Michael Ballacks endgültige Demission ist für den DFB-Chefcoach "alles andere als eine Zäsur". "Es gibt von mir auch nichts mehr zu sagen", setzte Löw einen eindeutigen verbalen Schlusspunkt unter die Dauerquerelen um den Ex-Capitano.

Götze vor Startelf-Debüt

Löws Blick geht nach vorne, und unbeirrt werden die neuen Protagonisten auch gegen prominente Gegner in Position geschoben. Dortmunds Mario Götze soll seinen Höhenflug in der mit 54.767 ausverkauften Mercedes-Benz-Arena erstmals in der DFB-Startformation fortsetzen. Löw plant mit dem 19-Jährigen gleich in zentraler Rolle als Ersatz für den geschonten Real-Star Mesut Özil.

"Götze hat sicher gute Möglichkeiten, von Anfang an aufzulaufen, weil Özil für diese Position nicht dabei ist", gab der Bundestrainer einen kleinen Einblick in seine Personalplanungen. "Klar habe ich davon geträumt. Jetzt bin ich relativ nah", sagte der Jungstar, der bei allen seinen sechs bisherigen Länderspiel-Einsätzen nur kurz mitwirken durfte. "Ich freue mich auf das Spiel, auf den Gegner, auf unsere Mannschaft", erklärte Götze.

Beste Chancen auf ihr Länderspieldebüt gegen Neymar, Ganso und Co. haben Götzes neuer Teamkollege Ilkay Gündogan oder Gladbachs Marco Reus. "Wichtig ist, dass wir das Spiel nutzen, mit der Mannschaft einen Schritt voranzugehen. Als Trainer habe ich die Verpflichtung, junge, hoffnungsvolle Spieler heranzuführen", sagte Löw. Um den Testeffekt zu maximieren, will er möglichst sein Kontingent von sechs Einwechslungen ausschöpfen. Fest eingeplant ist im Verlauf der Partie ein Einsatz aller vier Innenverteidiger - inklusive des zuletzt angeschlagenen Neu-Münchners Jérôme Boateng.

Deutschland wartet seit 18 Jahren auf Sieg gegen Selecao

Keine Sorgen muss sich Löw offenbar um die Befindlichkeit seiner Nummer eins machen. "Manuel Neuer ist ein sehr stabiler Charakter", berichtete Schweinsteiger vom Gemütszustand des Torwarts nach dem viel diskutierten Fehlgriff im Münchner Vereinstrikot am Sonntag. Neuer zeigte sich von dem Trubel äußerlich unbeeindruckt und nahm sogar als einziger Münchner am ersten Teamtraining teil.

"Dieses Spiel ist eine Herausforderung für uns. Wir wollen gewinnen", beschrieb Schweinsteiger die Stimmung im DFB-Quartier. Seit 18 Jahren wartet Deutschland auf einen Sieg gegen Brasilien. Zuletzt wurde der fünffache Weltmeister 1993 in Köln mit 2:1 bezwungen - die Torschützen hießen Guido Buchwald und Andreas Möller. Die meisten der 22 aktuellen Nationalspieler gingen damals noch in den Kindergarten. Ohne Gegentor blieb Deutschland gegen Brasilien in 20 Vergleichen gar nur einmal, beim 2:0 im Jahr 1986 in Frankfurt.

Erst vor wenigen Wochen wurden die Samba-Kicker auf ihrem eigenen Kontinent entzaubert. Das Viertelfinal-Aus bei der Copa América im Juli ist noch nicht verwunden. Dennoch ist Brasilien für Löw der richtige Kontrahent. "Brasilien hat eine Auswahl an Spielern wie kein anderes Land. Sie haben 40, 50, 60 Top-Spieler", sagte der Bundestrainer.

Mit Tests gegen Fußball-Hochkaräter will Löw seinen Kader fit machen für das große Saisonziel: endlich Spanien schlagen. "Spanien ist der große Gegner. Ohne Spanien hätten wir schon einen Titel auf dem Rücken. Spanien ist schlagbar", machte Schweinsteiger eine neue Kampfansage an den Kontrahenten. Die Niederlande und Frankreich sind neben den EM-Gastgebern Polen und Ukraine weitere geplante Testgegner in dieser Saison. Löw hat sich bis zum Höhepunkt in Osteuropa eine klare Aufgabe gestellt. "Wir wollen die Spieler individuell besser machen", sagte er. Brasilien soll dafür der Anfang sein.

Misstöne aus München

Einziger Missklang in der allgemeinen Aufbruchsstimmung war die Kritik von Bayern-Sportdirektor Christian Nerlinger an der Terminierung des Hits gegen Brasilien. "Der Termin ist ein Unding. Er macht keinen Sinn und bringt vieles durcheinander", sagte der Sportdirektor des deutschen Fußball-Rekordmeisters. Zugleich äußerte er die Hoffnung, dass die Bayern-Profis um Kapitän Philipp Lahm am Mittwoch in Stuttgart "nicht 90 Minuten durchspielen müssen. Wenn man unseren Terminplan sieht, ist dieses Länderspiel nachteilig für uns und einfach überflüssig."

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kng/DPA

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