Die Bundesliga ist endlich wieder spannend. Vorbei die Ödnis an der Tabellenspitze, vorbei die ewige Münchner Dominanz. Stattdessen ein packender Titelkampf zwischen der wiedererstarkten Borussia aus Dortmund und dem kriselnden FC Bayern!
Tja, genau so jubelte das Fußballvolk nach dem 7.Spieltag der letzten Saison. Da hatte der BVB unter Peter Bosz einen fulminanten Start hingelegt und sogar noch zwei Punkte mehr auf dem Konto, während sich die Münchner unter dem lethargischen Altmeister Carlo Ancelotti eher in die Saison hineingequält hatten. Das Ende ist bekannt, die Dortmunder schmierten anschließend mit beeindruckender Rasanz ab, während die Münchner hektisch in Jupp Heynckes' Gnadenhof durchklingelten. Und Don Jupp führte den Rekordmeister zurück in die Erfolgsspur und wurde überlegen Meister.
Nun wissen wir, dass sich Geschichte nicht wiederholt. Und wenn doch, dann nur als Farce. Also hüten wir uns, die fahrlässige Harakiri-Offensive von Peter Bosz mit der deutlich komplexeren Favre-Philosophie zu vergleichen. Und der FC Bayern wird sich, falls Niko Kovac mit dem Job doch überfordert ist, etwas anderes überlegen müssen, als wieder auf einem Bauernhof am Niederrhein Sturm zu klingeln. Aber es sollte trotzdem mit dem Teufel zugehen, sollte der FC Bayern nicht trotzdem wieder Meister werden.
Nach Feiern dürfte ihnen nicht zumute sein: Pleite-Bayern zum Pflichtbesuch auf der Wiesn

FC Bayern München einfach zu gut für Bundesliga
Philipp Köster: Kabinenpredigt
Philipp Köster, Jahrgang 1972, ist Gründer und Chefredakteur des Fußballmagazins "11 Freunde". Er sammelt Trikots und Stadionhefte, kennt den rumänischen Meister von 1984 und kann die Startelf von Borussia Dortmund im Relegationsspiel 1986 gegen Fortuna Köln auswendig aufsagen: Eike Immel, Frank Pagelsdorf, Bernd Storck, ... Außerdem ist er Autor zahlreicher Fußballbücher, unter anderem über die Geschichte der Fußball-Bundesliga, und wurde 2010 als "Sportjournalist des Jahres" ausgezeichnet. Vor allem ist er Anhänger der ruhmreichen Arminia aus Bielefeld.
Aus offensichtlichen Gründen: Da ist zunächst die individuelle Klasse der Bayern, deren Kader dem Gros der Konkurrenz himmelweit überlegen ist. Kein Konkurrent verfügt insbesondere in der ganzen Breite des Kaders über soviel Qualität, soviel Klasse. Jeder, der da gerade die Münchner Ersatzbank drückt, wäre bei jedem anderen Klub in der Liga Stammspieler. Daran hat sich auch durch zwei Niederlagen im Ligaalltag nichts geändert.
Und diese Qualität wird alsbald wieder sichtbar werden. Mag sein, dass die Truppe derzeit verunsichert ist und unter ihren Möglichkeiten spielt, weil offenbar allzu viele Spieler den taktischen Prämissen des Coachs nicht folgen wollen. Aber solche Probleme lösen sich beim FC Bayern deutlich schneller als anderswo, entweder indem der Trainer die Mannschaft in den Griff bekommt oder im schlechteren Fall durch einen raschen Rauswurf.
Auch ist in den vergangenen Tagen viel über den versäumten Umbruch geschrieben worden, über die alten Säcke in der Stammelf und die fehlende Blutauffrischung. Und es ist in der Tat kein gutes Zeichen, wenn große Teile der Elf, die 2013 die Champions-League gewann, auch heute noch in der Startformation herumturnt. Andererseits muss niemand so tun, als seien Mats Hummels und Jerome Boateng über Nacht zu trägen Senioren geworden, die ihren Gegenspielern asthmatisch hinterherschnaufen und bei Eckbällen die Stützstrümpfe hochziehen. Und andere, die im Zuge der Bayern-Krise gleich mit abgestraft wurden, wie etwa Mittelfeldmann Thiago, machen sogar einen besseren Eindruck als in der letzten Saison.
Lieber jetzt schwächeln, als im Herbst
Und nochmal: Die Saison ist jung. In den vergangenen Jahren wurde immer mal wieder kritisiert, dass der FC Bayern im Herbst jeden Gegner aus dem Stadion schoss und im Frühjahr, wenn es im internationalen Fußball um die Silberware geht, die Mannschaft regelmäßig matt und überspielt daherkam. Nun garantiert ein mauer Herbst keinen rauschenden Frühling – aber die gegenwärtige Krise kann eben auch eine Chance sein, wenn durch sie die notwendige Diskussion über personelle Schwachstellen und taktische Probleme geführt wird.
Und dann wird der FC Bayern auch wieder Meister. Vielleicht nicht wie sonst mit vielen Punkten Vorsprung, vielleicht müssen die Münchner diesmal bis zum viertletzten Spieltag zittern. Mehr aber auch nicht.
