Die Eskalation der Lage in der Ukraine hat auch Auswirkungen auf den Sport und die Fußball-Bundesliga. Hierzulande besonders betroffen: der FC Schalke 04, der seit Jahren eine Verbindung mit dem russischen Unternehmen Gazprom als Hauptsponsor unterhält. Mit Matthias Warnig, dem Vorsitzenden der Geschäftsleitung der Nordstream 2 AG, sitzt ein Putin-Vertrauter bei Schalke im Aufsichtsrat. Wie die Vereinsführung in einer Stellungnahme am Dienstag verlauten ließ, verfolge der Klub die Lage in Osteuropa "mit großer Sorge". Ob der Verein Konsequenzen zieht, ist noch offen. "Der FC Schalke 04 wird die weitere Entwicklung beobachten, bewerten und nachdrücklich zum Frieden appellieren – zum Schutz der von der Krise betroffenen Menschen", hieß es in der Stellungnahme.
Der Verein sei sich "seiner besonderen Rolle unter den deutschen Sportvereinen bewusst", teilte die Klubführung mit: "Mit Gazprom Germania, einer deutschen Tochter des staatlichen russischen Energieunternehmens Gazprom, hat der S04 seit nunmehr 15 Jahren einen zuverlässigen Partner und einen relevanten Gaslieferanten der Bundesrepublik Deutschland an seiner Seite. Die Verantwortlichen des Vereins stehen im ständigen Dialog mit dem langjährigen Hauptsponsor."
Es stehe für den Klub "außer Frage, dass sich der Verein für Frieden und ein friedliches Miteinander einsetzt, die Mitglieder haben die Gewaltfreiheit im Leitbild festgeschrieben", betonte der Klub. In Paragraph 8 heißt es: "Von uns Schalkern geht keine Diskriminierung oder Gewalt aus." Diese Haltung habe man in Gesprächen mit Gazprom Germania geäußert.
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Das Engagement von Gazprom ist in der Schalker Fan-Szene durchaus umstritten. Angesichts der aktuellen Lage im Donbass wirkt die regelmäßig wiederkehrende Werbung in der Veltins Arena für Gazprom bzw. Nord Stream 2 auch in den Augen vieler Fans geradezu grotesk. Doch der Verein hat kein Interesse daran, das Thema hochkochen zu lassen. Bereits als Russland im Jahr 2014 die Krim annektiert hatte, blieb eine spürbare Reaktion aus. Nicht verwunderlich, denn die wirtschaftliche Abhängigkeit von Gazprom ist eklatant. Aktuell erhält der um den Aufstieg in die Bundesliga kämpfende Zweitligist laut Medienberichten rund zehn Millionen Euro pro Saison. Eine Summe, die sich beim Bundesligaaufstieg mutmaßlich verdoppeln würde. Die Verbindlichkeiten belaufen sich derzeit auf rund 140 Millionen Euro. Durch die Geisterspiele aufgrund der Coronalage bleibt die aktuelle wirtschaftliche Situation herausfordernd. Im ersten Halbjahr 2021 wiesen die Knappen einen Fehlbetrag von 21 Millionen Euro aus.
Vielen Fans ist Gazprom-Deal ein Dorn im Auge
Eckdaten, die eine Auflösung des Gazprom-Deals nicht unbedingt einfacher machen. Dennoch fordert der Marketing-Experte Raphael Brinkert auf Twitter genau das. "Spätestens seit heute Nacht ist klar: Die Zusammenarbeit mit dem russischen Staatsunternehmen Gazprom war, ist und bleibt ein Fehler." Sollte Russland in die Ukraine einmarschieren, "muss der Verein qua Leitbild und Eigeninteresse unmittelbar handeln, die Sponsorings kündigen und sich von Aufsichtsrat Matthias Warnig distanzieren", so Brinkert.
Brinkert ist auf Schalke nicht irgendwer. Im vergangenen Jahr galt er als Kandidat für den Vorstandsvorsitz. Zuletzt verantwortete er mit seiner Agentur "BrinkertLückCreatives" die siegreiche Wahlkampf-Kampagne von Olaf Scholz.
Den umstrittenen Gazprom-Deal auf den Weg gebracht hatte 2007 der damalige Aufsichtsratschef Clemens Tönnies. Ursprünglich wäre die Vereinbarung 2022 ausgelaufen, Schalke und Gazprom verlängerten den Vertrag im März 2021 jedoch vorzeitig bis 2025.
Auch die Uefa steht nach Putins Aggression vor einem Dilemma
Doch der Bundesligist ist nicht der einzige, den die Eskalation in der Ukraine unmittelbar tangiert. Auch der Europäische Fußballverband Uefa steht im Fokus. Gazprom ist seit Jahren ein enger Partner des Kontinentalverbandes und auch bei Europameisterschaften prominent im Stadion sichtbar. Dies könnte auch bei der EM im Sommer 2024 in Deutschland der Fall sein.
Pikant: Das Champions-League-Finale soll am 28. Mai ausgerechnet in der russischen Millionenmetropole St. Petersburg stattfinden. Derzeit gebe es "keine Pläne" am Austragungsort etwas zu ändern, hieß es von Seiten der Uefa. Eine Entscheidung, die vom britischen Außenpolitiker Tom Tugendhat scharf kritisiert wurde: "Das ist eine beschämende Entscheidung. Die Uefa sollte einer gewalttätigen Diktatur nicht Deckung bieten", twitterte der konservative Politiker. Im Laufe des Tages soll es weitere Beratungen bei der Uefa geben.
Die Handballer sind da schneller in ihrer Reaktion. Die Europäische Handball-Föderation hat bereits angekündigt, wegen der eskalierenden Situation in den kommenden vier Wochen keine internationalen Spiele in der Ukraine auszurichten. Stattdessen soll Männermeister Motor Saporoschje seine beiden Heimspiele in der Champions League gegen Paris Saint-Germain (1. März) und den FC Barcelona (3. März) in neutraler Halle im slowakischen Presov spielen.
Quellen: Welt, Sportschau